Wettbewerbszentrale
„Wir lassen nicht locker“
Berufsrechtlich ist die ausschließliche Fernbehandlung freigegeben. Doch darf sie auch beworben werden? Die Wettbewerbszentrale wird das gerichtlich klären lassen.
Veröffentlicht:FRANKFURT/MAIN. Die Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs hatte 2018 nicht weniger zu tun als im Vorjahr: Mit 10.943 Eingaben lag das Beschwerdeaufkommen geringfügig über 2017, wie Dr. Reiner Münker, geschäftsführendes Präsidiumsmitglied der Wettbewerbszentrale, am Dienstag in Frankfurt berichtete.
Mit 2799 förmlichen Beanstandungen, die die Wettbewerbshüter aussprachen, blieben sie allerdings unter der Vorjahresmarke (3474). Über die Hälfte aller Fälle, schätzungsweise rund 60 Prozent, betrifft laut Münker inzwischen Werbe- und Marktaktivitäten im Internet.
Zu den Erfolgen in der Gesundheitswirtschaft zählt etwa ein Verfahren, das die Wettbewerbszentrale gegen einen Zahnarzt angestrengt hatte, der sein medizinisches Angebot unter dem Label „Praxisklinik“ beworben hatte.
Das Landgericht Hamm untersagte die Wortschöpfung mit der Begründung, dass eine „Klinik“ gemäß Verbrauchererwartung auch stationäre Übernachtungsmöglichkeiten vorhalten müsse. Das Urteil sei inzwischen zwar rechtskräftig, versichert die ressortverantwortliche Rechtsanwältin Christiane Köber.
Dennoch sehe man sich in der Erwartung getäuscht, dass sich das Thema jetzt erledigt habe. Eine ganze Reihe weiterer „Praxiskliniken“ tummele sich noch im Markt, die man aktuell habe abmahnen müssen. Köber: „Da lassen wir nicht locker.“
Fernbehandlung war ein großes Thema
Ein großes Thema in diesem Jahr sei auch die Bewerbung der ärztlichen Fernbehandlung. Wie bereits berichtet, hat die Wettbewerbszentrale den Privatversicherer Ottonova vor den Kadi gezogen, weil der mit digitalem Arztbesuch und Krankschreibung per App wirbt.
Laut Paragraf 9 Heilmittelwerbegesetz ist Werbung für Fernbehandlungen jedoch unzulässig. Eigentlich wollte das Münchener Landgericht schon Anfang Januar verhandeln.
Nun ist der Termin auf Mitte Juli verschoben worden. Ottonova vertrete den Standpunkt, so Köber, dass Werbung für ein prinzipiell zulässiges Angebot nicht verboten sein kann.
Sie sehe das anders. Insbesondere wolle die Zentrale geklärt wissen, wie es sich rechtlich mit der Bewerbung der digitalen Krankschreibung verhält.
Auch von einem ganz neuen Fall aus dem Kassenwettbewerb kann Köber berichten: Ein Kostenträger werbe neuerdings mit „0,22 Prozent Zuzahlung“.
Tatsächlich aber betrage in diesem Fall der seit Jahresbeginn von Arbeitgeber und -nehmer wieder zu gleichen Teilen getragene Zusatzbeitrag 0,44 Prozent.
„Wir glauben, die Verbrauchererwartung ist vom einheitlichen Zusatzbeitrag geprägt“, so Köber. Weshalb man ein Verfahren gegen die Kasse wegen unlauterer Werbung eingeleitet habe. (cw)