Transplantationen

Zahl der Spender im freien Fall

Die Transplantationsmedizin kommt nicht aus der Vertrauenskrise. Es fehlt an Spenderorganen. Doch wie können Lösungen aussehen?

Von Nicola Siegmund-Schultze Veröffentlicht:
Wie können mehr Menschen zur Organspende bewegt werden? Ein aktuelles Thema in Essen.

Wie können mehr Menschen zur Organspende bewegt werden? Ein aktuelles Thema in Essen.

© Jens Kalaene / dpa

ESSEN. Die deutsche Transplantationsmedizin bleibt in einer äußerst angespannten Situation: Die Zahl der Organspender hat sich zwar zunächst leicht erholt, wird aber vermutlich auch 2016 auf einem sehr niedrigen Niveau sein. "Der Organmangel ist das größte Problem", sagte Professor Bernhard Banas, neuer Präsident der Deutschen Transplantationsgesellschaft (DTG), bei der 25. Jahrestagung der Fachgesellschaft in Essen.

"Wir haben eine auch im internationalen Vergleich exzellente Medizin, eine flächendeckende Versorgung, klare Aufgabenverteilungen der Institutionen und ein ausgefeiltes rechtliches Regelwerk", so der Nephrologe von der Universitätsklinik Regensburg. "Nun müssen wir die gesamtgesellschaftliche Diskussion noch einmal anstoßen, um mehr Menschen, die ein Transplantat benötigen, helfen zu können."

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Seit 2011 ist die Zahl der postmortalen Organspender im freien Fall: Hatte es im Jahr 2010 noch 1296 postmortale Spender gegeben, von denen insgesamt 4205 Organe transplantiert werden konnten, so ist die Zahl der Organspender seither stark gesunken. In 2015 gab es nur 877 Spender und 2900 von ihnen entnommene Organe.

"Ein Bündel von Schwierigkeiten"

In den ersten neun Monaten dieses Jahres gab es 637 postmortale Organspender mit 2130 transplantablen Organen. Diese Zahlen liegen unterhalb denen der entsprechenden Vorjahreszeiträume von 2014 und 2015 (2286 und 2246 Organe), wie Dr. Axel Rahmel von der Deutschen Stiftung Organtransplantation (DSO) erläuterte.

Die Rate postmortaler Spender war in nur fünf Jahren von (2010 bis 2015) von knapp 16 pro eine Million Einwohner auf nur noch 10,8 pro eine Million Einwohner gesunken. "Auf diesem niedrigen Niveau wird sie vermutlich auch in diesem Jahr bleiben", sagte Banas. "Wir haben ein Bündel von Schwierigkeiten, für dessen Überwindung wir vermutlich fünf bis zehn Jahre Zeit benötigen".

Strukturelle Probleme bei der Identifikation hirntoter Spender in den Kliniken sind einer aktuellen Analyse der DTG zufolge noch immer eine Hürde. "Die Transplantationsbeauftragten an den Kliniken müssen weiter gestärkt und intensiver ausgebildet werden", sagte Professor Björn Nashan vom UKE Hamburg-Eppendorf, Past-Präsident der DTG.

Maschinenperfusion erhöht Qualität der Nieren

Auch eine gesamtgesellschaftliche Diskussion über die Widerspruchslösung würde die große Mehrzahl der DTG-Mitglieder befürworten, so Banas und Nashan. Diese Regelung ermöglicht eine postmortale Organentnahme, sofern der potenzielle hirntote Spender nicht zu Lebzeiten widersprochen hat.

Ein medizinischer Schwerpunkt der DTG-Tagung mit dem Ziel, mehr Patienten auf der Warteliste gut versorgen zu können, ist eine Optimierung der Organkonservierung. Bei Maschinenperfusion nimmt ein größerer Teil der Organe direkt nach Implantation die Funktion auf, und auch das Langzeitergebnis bessert sich.

"Die sogenannte Maschinenperfusion mit einer dynamischen Durchströmung des Organs bis zur Implantation erhöht im Vergleich zur statischen Konservierung die Qualität von Nieren deutlich", erläuterte Kongresspräsident Professor Oliver Witzke vom Universitätsklinikum Essen.

Dies gelte besonders für die Organe postmortaler älterer Spender, aber auch für die von jüngeren. Zusammen mit der DSO arbeite man daran, solche Systeme flächendeckend für Nieren zu etablieren und auch die Kostenfrage zu klären.

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