Vorläufige Finanzdaten
1. Quartal 2022: AOKen im Plus, Ersatzkassen im Minus
Das AOK-System und die Innungskassen verbuchen im ersten Quartal 2022 schwarze Zahlen, rote Zahlen dagegen bei Betriebskassen und vor allem bei Ersatzkassen. Die Leistungsausgaben ziehen wieder deutlich stärker an.
Veröffentlicht: | aktualisiert:Berlin. Die Finanzergebnisse der gesetzlichen Krankenkassen fallen im ersten Quartal sehr heterogen aus – ein klarer Trend ist nicht erkennbar.
So meldet der AOK-Bundesverband ein leichtes Plus von 81 Millionen Euro, bei den Ersatzkassen steht nach drei Monaten ein Defizit von 199 Millionen Euro in der Bilanz. Die Betriebskrankenkassen (11 Millionen Versicherte) verbuchen ein geringfügiges Defizit von sieben Millionen Euro im ersten Quartal.
Die Innungskrankenkassen (5,1 Millionen Versicherte) registrieren dagegen ein Plus von knapp 64 Millionen Euro. Insgesamt addieren sich die vorläufigen Quartalsergebnisse der vier Kassenverbände somit auf ein Minus von rund 61 Millionen Euro (siehe nachfolgende Grafik).
Die Beurteilung der Finanzsituation auch mit Blick auf die weitere Entwicklung im Jahr fällt bei den Kassenverbänden durchweg skeptisch aus. Traditionell können die Ergebnisse des ersten Quartals nur sehr eingeschränkt auf das ganze Jahr extrapoliert werden.
Angesichts eines Ausgabenvolumens von 26,8 Milliarden Euro im ersten Quartal sei dieses Ergebnis für das AOK-System „höchstens als schwarze Null zu werten“, sagte Dr. Carola Reimann, die Vorstandsvorsitzende des AOK-Bundesverbands. Die AOKen versichern rund 27,1 Millionen Menschen in Deutschland.
Mit Blick auf die weiteren Monate ist zudem unklar, inwiefern Corona-Nachholeffekte oder aber Fallzahl-Rückgänge die Ausgabenentwicklung prägen werden.
Fast sieben Prozent plus bei den Leistungsausgaben
Ähnlich äußert sich die Vorstandsvorsitzende des vdek, Ulrike Elsner: „Die teure Gesetzgebung der Vorgängerregierung, aber auch die gesamtwirtschaftliche Situation macht sich auf der Ausgabenseite bemerkbar, etwa durch gestiegene Honorare und Preissteigerungen.“
Ursächlich für das Defizit von fast 200 Millionen Euro sei die nach dem Corona-Jahr 2021 wieder normalisierte Inanspruchnahme von Leistungen. So sind die Leistungsausgaben je Versicherten nach vdek-Angaben im ersten Quartal um 6,8 Prozent gestiegen. Das geht weit über die Prognosen des Schätzerkreises vom vergangenen Herbst hinaus – das Gremium war von einer Zunahme der Leistungsausgaben von 4,3 Prozent ausgegangen.
Coronabedingte Nachholeffekte
Unterdurchschnittlich fällt bei den Ersatzkassen mit 3,2 Prozent die Entwicklung bei den Ärzte-Honoraren aus. Die Ausgaben für Arzneimittel (6,7 Prozent) und stationärem Sektor (7,0 Prozent) entwickeln sich fast wie im Durchschnitt.
Dagegen gehen die Leistungsausgaben für Heilmittel (21,4 Prozent) und für Vorsorge- und Reha-Leistungen (20,8 Prozent) durch die Decke – im letzteren Fall dürfte es sich insbesondere um coronabedingte Nachholeffekte handeln. Weit hinter dem Anstieg der Leistungsausgaben bleiben mit 3,3 Prozent je Versicherten dagegen die Einnahmen bei den Ersatzkassen zurück.
Auch aus Sicht des AOK-Bundesverbands gibt es bei den Leistungsausgaben keine Entspannung: Hier haben die Ortskassen im ersten Quartal einen Anstieg von 4,9 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum verzeichnet. Die Zahl bestätige, dass die Erhöhung der Zusatzbeiträge bei neun von elf AOKen zum Jahreswechsel erforderlich gewesen sei, hieß es.
Finanzloch im kommenden Jahr beunruhigt Kassenmanager
Angesichts der Defizitprognose von 17 Milliarden Euro sei „weiterhin völlig offen, mit welchen Mitteln die Bundesregierung dieses riesige Finanzloch stopfen will“, kommentierte Reimann die Perspektiven der kommenden Monate.
Diese Finanzierungslücke werde „nicht schrumpfen, eher wachsen“, sagte Ulrike Elsner für die Ersatzkassen. Die Kassen benötigten „schnellstmöglich Klarheit, eine Hängepartie wie im Vorjahr sollte es nicht noch einmal geben“, forderte Reimann.
Gefragt ist aus Sicht des AOK-Bundesverbands nun der Finanzminister. Dieser sollte nun schnell über die Freigabe der notwendigen zusätzlichen Bundesmittel entscheiden. Wenn unverzichtbar, dann solle aus Wettbewerbsgründen der allgemeine Beitragssatz und nicht der kassenindividuelle Zusatzbeitrag erhöht werden, so das Plädoyer des Ersatzkassenverbands.
Politische Eingriffe
Das Finanzergebnis der GKV im Vorjahr ist stark durch politische Eingriffe geprägt gewesen: Bedingt insbesondere durch die zwangsweise Abschmelzung von Rücklagen verzeichnete die GKV am Ende des Jahres ein Defizit von 5,8 Milliarden Euro.
Allerdings weisen die endgültigen Zahlen für das Jahr 2021 beispielsweise für die Innungskassen deutlich höhere Defizite aus, als noch im Frühjahr angenommen: In der Bilanz steht jetzt dort ein Defizit von 568 Millionen Euro – 159 Millionen Euro mehr als ursprünglich angenommen, teilte eine IKK-Sprecherin der Ärzte Zeitung mit. (fst)