Zahlenstreit: Wie gut geht es den Hausärzten?

BERLIN (sun/HL). Zwischen der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) und dem Hausärzteverband ist ein Streit um die Honorare der Hausärzte entbrannt. Auslöser sind Berechnungen der KBV, wonach Allgemeinmediziner inzwischen mehr Honorar erhielten als Fachärzte.

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Streit um Zahlen: Die KBV sieht die Hausärzte beim Honorar vorne, der Hausärzteverband sieht sie im unteren Drittel.

Streit um Zahlen: Die KBV sieht die Hausärzte beim Honorar vorne, der Hausärzteverband sieht sie im unteren Drittel.

© Sulamith / fotolia.com

Ein Hausarzt hat laut KBV im vergangenen Jahr im Schnitt 206 000 Euro erhalten. Das seien sieben Prozent mehr als 2008, sagte KBV-Chef Dr. Andreas Köhler anlässlich der Vorstellung der Zahlen am Donnerstag in Berlin. Fachärzte kamen auf einen GKV-Durchschnittsumsatz von 203 000 Euro. Das entspreche einem Plus von sechs Prozent im Vergleich zum Vorjahr. "Fakt ist, dass entgegen den Behauptungen mancher Verbände Hausärzte nicht benachteiligt sind", so Köhlers Fazit.

Der Hausärzteverband konterte: Allgemeinmediziner lägen immer noch im unteren Drittel der ärztlichen Vergütungen. "Damit bilden sie das Schlusslicht in der hausärztlichen Versorgung - noch hinter Kinderärzten und Internisten", betonte Hausärzteverbandschef Ulrich Weigeldt. Die Vergütung aus Selektivverträgen sei dabei bereits berücksichtigt. Angesichts der hohen Arbeitslast auch nachts und an Wochenenden sehen sich Hausärzte benachteiligt.

Der GKV-Spitzenverband zeigte sich irritiert über den Streit: "Wenn die Vertreter der Ärzteschaft endlich genauso intensiv über die Verbesserung von Qualität und Strukturen diskutieren würden, wie über ihre Honorare, wären wir in Deutschland einen großen Schritt weiter", sagte eine Sprecherin des GKV-Spitzenverbandes.

Lesen Sie dazu auch den Hintergrund: Kontroverse um Hausarzt-Verträge - wer ist der Heilsbringer für die Allgemeinärzte?

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Kommentare
Dr. Thomas Georg Schätzler 20.08.201019:49 Uhr

Die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) und die Betriebswirtschaft

Sehr geehrter Herr Kollege Andreas Köhler,
soweit ich weiß, haben Sie eine Reihe von betriebs- und volkswirtschaftlichen Zusatzqualifikationen. Wenn Sie der Öffentlichkeit immer den schier unermesslich hohen U m s a t z von hausärztlichen Praxen präsentieren, nehmen Sie dann eigentlich den arithmetischen Mittelwert oder den (statistisch korrekteren) Medianwert? Da Sie der Chefrepräsentant aller Vertragsärzte sind, würde ich auch empfehlen, nur und ausschließlich über den vertragsärztlichen Umsatz zu referieren und sich nicht auf sach- und fachfremde privatärztliche Geschehnisse einzulassen, die bekanntermaßen völlig variabel und individuell strukturiert sind.

Wenn Sie mir mit meiner "durchschnittlichen Einzelpraxis" mit ca. 950 (+/-75 Standardabweichung) "Kassenpatienten" pro Quartal über die Kassenärztliche Vereinigung Westfalen-Lippe (KVWL) ein Regelleistungsvolumen (RLV) von knapp 25 Euro pro Patient und Quartal zubilligen, wie viele Tage muss dann ein Jahr haben, damit ich auf durchschnittlich 206 000 Euro Jahresumsatz komme ("Ein Hausarzt hat laut KBV im vergangenen Jahr im Schnitt 206 000 Euro erhalten")?
Das geht übrigens mit einem ganz banalen Dreisatz:
365 Tage : 95 000 = X Tage : 206 000 ergibt X=791,4726.
Raunen auf den Rängen, Staunen auf den Stehplätzen, die Royals und die Superreichen in den Logen dürfen mit ihrem Schmuck klimpern.

In der KVWL müsste demnach mein Arbeitsjahr 791 Tage haben, damit ich mit dem RLV einen Jahresumsatz von 206 000 Euro erzielen kann.
Dafür leiste ich als Arzt mit Engagement, Lust, Leib, Seele und Begeisterung seit 1975 (damals Medizinalassistent im Elisabeth-Krhs. Bochum) und seit 1992 niedergelassen als Facharzt für Allgemeinmedizin:
Lotsendienste und Koordination mit Versorgungsqualität: Hausbesuche, "sprechende Medizin" mit Präsenz in der Praxis von morgens bis abends, Telefon- und Sondersprechstunde, Teamdiskussion, Wund-, Reanimations- und Notfallversorgung, anerkannte Qualitätssicherung nach TÜV, KPQ und QM, psychosomatische Grundversorgung. Zertifizierte und evaluierte Fortbildungspflicht von 250 Punkten in 2 Jahren (4 Punkte für 2,5 Stunden interaktives Lernen!), Arztbriefe, Arztberichte, Telefonate mit Kliniken und Fachärzten, stufendiagnostisch gezielte Überweisungsaufträge an Labormedizin und Radiologie. Krankenaktenführung, EDV-Dokumentation, ICD-10-Verschlüsselungen, Gutachten, Kurpläne, Versorgungsamtsberichte, KV-Schriftverkehr und Krankenkassenanfragen, die selten qualitätsgesichert sind. Kostengünstige Verordnung von gesetzlich zugelassenen, indizierten Medikamenten, zumeist in prospektiven Studien doppelblind geprüft und evaluiert. Qualifizierte, evidenzbasierte Anamnese, Untersuchung, Diagnostik und Therapie im präventiven, kurativen und palliativen Bereich. Außerdem noch Alltagskompetenz, gesunden Menschenverstand mit dem Vielen abhanden gekommenen Blick für das Mach- und Vertretbare. HELFEN, HEILEN, LINDERN, VORSORGEN.

Mit freundlichen, kollegialen Grüßen
Dr. med. Thomas G. Schätzler, FAfAM Dortmund

Dr. Uwe Wolfgang Popert 20.08.201008:57 Uhr

Manipulation durch unvollständige Zahlen

Erstaunlich, wie bereitwillig sich hier einige Journalisten von der KBV an der Nase herumführen lassen (wollen?). Natürlich hat die KBV weder Interesse noch Möglichkeit, die vollständigen Zahlen zu liefern. Spezialisten erwirtschaften inzwischen (leider) einen großen Teil ihres Einkommens mit Privatpatienten, Sonderverträgen und IGeL-Leistungen.
Die vollständigen Zahlen finden sich beim statistischen Bundesamt im Internet. (Allerdings sind diese Zahlen tendenziell hoch, weil reine Privatpraxen z.B. von Chefärzten dort in die Auswertung mit eingehen)

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