Bleibt es beim 1. Oktober?

Zankapfel Hausarzt-EBM

Kommt der neue EBM zum 1. Oktober oder nicht? Die Kritiker unter den KVen wollen die Abrechnungsreform verschieben und bei der KBV-VV am Freitag entsprechende Anträge einreichen. Doch ob sie die nötige Mehrheit zusammen­bekommen, ist fraglich.

Von Johanna Dielmann-von Berg Veröffentlicht:
Die Auswirkungen der EBM-Reform fallen einer Simulationsrechnung zufolge in den KV-Regionen sehr unterschiedlich aus.

Die Auswirkungen der EBM-Reform fallen einer Simulationsrechnung zufolge in den KV-Regionen sehr unterschiedlich aus.

© Minerva Studio / fotolia.com

NEU-ISENBURG. Wie wird ab dem vierten Quartal abgerechnet? Diese Frage treibt derzeit Haus- und Fachärzte gleichermaßen um. Doch die Antwort steht in den Sternen.

Denn die Kritik einiger Verbände und KVen, darunter etwa Hamburg oder Nordrhein, an der EBM-Reform der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) hat sich in den vergangenen Wochen verdichtet.

Eigentlich soll ab 1. Oktober der neue EBM gelten, auf Einzelheiten hatte sich der Bewertungsausschuss im Juni geeinigt.

In letzter Minute könnte die Reform aber doch noch auf Eis gelegt werden. Am Freitag soll die Vertreterversammlung (VV) der KBV erneut über die Einführung des Hausarzt-EBM abstimmen.

Nach Informationen der "Ärzte Zeitung" werden mehrere KVen beantragen, den von der KBV geplanten Termin 1. Oktober zu kippen. Insgesamt liegen 16 Änderungsanträge vor, heißt es aus informierten Kreisen.

Verschiebung nicht besonders wahrscheinlich

Den Beginn der Reform auf Januar 2014 zu verschieben, ist theoretisch möglich - praktisch jedoch nicht besonders wahrscheinlich. Für eine Verschiebung müsste die KBV-VV am Freitag einen entsprechenden Antrag annehmen.

Dieser müsste wiederum in den Bewertungsausschuss am 25. September als Antrag eingebracht und zusammen mit den Kassen beschlossen werden. Gibt es keine Einigung, komme die Einführung zum 1. Oktober, so die KBV auf Anfrage der "Ärzte Zeitung" am Dienstag.

Auch aus informierten Kreisen heißt es, eine Verschiebung der EBM-Reform sei schwer vermittelbar und in der KBV-VV nicht mehrheitsfähig. Der Hausarzt-EBM werde seit Monaten diskutiert, weiterer Aufschub wäre eine "Blamage ohne Gleichen".

Die Kritik am Hausarzt-EBM macht sich vor allem an der Chroniker-Pauschale, der Vorhaltepauschale, an den Gesprächsleistungen und am Gesprächsbudget fest. Das wurde nochmals bei der VV der KV Nordrhein (KVNo) deutlich.

Nach einer Simulationsrechnung der KBV fallen die Auswirkungen der EBM-Reform in den einzelnen KV-Regionen sehr unterschiedlich aus: Während in Nordrhein und Westfalen-Lippe der Leistungsbedarf um 01, und 1,8 Prozent sinken soll, könnte Bayern mit einem Plus von 0,8 Prozent rechnen.

"Das allein ist Grund genug zu sagen: So wollen wir den EBM nicht", kommentierte KVNo-Vorstand Bernhard Brautmeier.

"EBM-Theater eine Katastrophe"

Die wirtschaftlichen Folgen seien im Einzelnen kaum bezifferbar, meint der Deutsche Hausärzteverband. Er schätzt, dass es etwa bei 14 Prozent der Hausarztpraxen zu Verlusten kommen könnte.

Das "EBM-Theater ist eine Katastrophe", so Verbandschef Ulrich Weigeldt. Hausärzte "wissen nicht, nach welchem System sie in zwei Wochen abrechnen sollen".

Wie die KVNo will auch die KV Hamburg am Freitag auf eine Verschiebung dringen. Hamburgs KV-Chef Walter Plassmann hält den EBM für "nicht serienreif". Aber auch er erwartet dafür keine Mehrheit, weil viele KVen inzwischen ihren HVM angepasst haben.

Sollte der Bewertungsausschuss über Änderungsanträge beraten müssen, ist trotzdem mit einer zeitnahen Reform zu rechnen.

Zwar wollte sich der GKV-Spitzenverband nicht inhaltlich zu Gesprächen mit der KBV über Änderungen an der EBM-Reform äußern. Aber im Falle von Anpassungen sei mit einer "zeitnahen Umsetzung" zu rechnen. (Mitarbeit: di, iss, fst)

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Kommentare
Dr. Wolfgang Bensch 18.09.201318:40 Uhr

Weshalb unbegreiflich, wenn es "sonnenklar" ist?

dass sich das System begreiflicherweise nur so noch erhalten lässt, Herr Wasserberg?
"Es ist unbegreiflich, wie die KBV diese simplen betriebswirtschaftlichen Zusammenhänge andauernd zu Lasten der Ärzteschaft verletzt und wirft ernsthaft die Frage nach der vorhandene Qualifikation auf."
Die Zielsetzung des Systems "Kassenärztliche Vereinigung" ist keine betriebswirtschaftlich ausgerichtete für die Praxis draußen, die investieren in Immobilien in guter Lage am Herbert-Lewin in Berlin (siehe Meldungen dazu wie: "Kassenärztliche Bundesvereinigung: Ärztelobby streitet über dubiose Millionenbuchung ".
Peanuts wie Gesprächsvergütungen zu 6 oder 7 Euro langweilen die Damen und Herren Funktionäre, die morgen dazu tagen.

Dr. Thomas Georg Schätzler 18.09.201311:29 Uhr

Neuer EBM keine Rakete!

Die Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) hat erneut ein Performance- und Glaubwürdigkeitsproblem. Bisher gab es zur Information der Vertragsärzte/-innen nur einmal eine Beilage im Deutschen Ärzteblatt - "PraxisWissen - EBM - Neuerungen 1. Stufe". Das war allerdings k e i n neuer EBM-Raketentreibsatz sondern eher ein Rohrkrepierer für Haus- und Fachärzte.

1. Für Hausärzte wird als Fallbeispiel A der einmalige Chronikerzuschlag 03220 mit der neuen Gesprächsleistung 03230 kombiniert. Verschwiegen wird dort, dass ein zweiter persönlicher Arzt-Patienten-Kontakt (APK) als Chronikerzuschlag mit nur 2 Euro bewertet wird. Zugleich ist die Gesprächsleistung EBM (neu) 03230 mit 4,50 Euro mal Zahl der Behandlungsfälle b u d g e t i e r t.
2. Fallbeispiel B kombiniert den doppelten Chronikerzuschlag 03221 ebenfalls irreführend mit der budgetierten Gesprächsleistung.
3. Fallbeispiel C "erfindet" gar eine d o p p e l t e Gesprächsleistung, um ausgerechnet die hälftige V e r t r e t u n g s pauschale für ein Gesamtquartal in Höhe von 7,90 Euro bei einem 56-jährigen Patienten schönzurechnen. Nur zur Erinnerung: Die Gesprächsleistung ist mit 4,50 Euro pro Behandlungsfall budgetiert.
4. Modellrechnung D der BÄK mit geriatrischem Betreuungskomplex und insgesamt nur 3 APK im Quartal verdoppelt erneut die hälftig budgetierte Gesprächsleistung und verkennt den erhöhten Betreuungsbedarf mit ärztlicher Inanspruchnahme m e h r als einmal pro Monat.
5. Eine Anmerkung zur "Förderung der fachärztlichen Grundversorgung (PFG)": Die KBV glaubt doch nicht im Ernst, dass mit "Bewertung PFG in Euro" ab 1,30 Euro, Dermatologie-Ziffer 10220, und dann auch nur, wenn im Behandlungsfall "ausschließlich Leistungen der Grundversorgung durchgeführt" wurden, irgendein Blumentopf zu gewinnen wäre?

Mf+kG, Dr. med. Thomas G. Schätzler, FAfAM Dortmund

Dr. Matthias Peisler 18.09.201310:53 Uhr

KV abwählen KORBMODELL

Alle Kassenärzte wissen dass die KBV und die KV nicht (mehr) die Ärtze vertritt oder im Interesse der Patientenversorgung handelt.
Eine Körperschaft des ÖFFENTLICHEN RECHTES :-) unterstehen dem Ministerium ;-)
Conclusio:
Kein Nachwuchs (ausser Migrationskollegen)
Ausufernde nutzlose teuere Diagnostik
Fehlverteilung (ja Herr Radiologe et al.!!!)
Pauschalen-Flaterate Hochleistungsmedizin
LobbyKöhler im Immobiliengeschäft und Vorstand APObank
Gesundheitspolitiker ohne Fach- und Hintergrundwissen
Hätte ich nicht Schulden und Kinder würde ich kündigen!
Alle Fachgruppen unisono KORBMODELL
Oder weiss jemand was besseres?
MP

Dr. Birgit Bauer 18.09.201310:26 Uhr

Wie wäre es !

Die einzige vernünftige Lösung wäre doch endlich eine ordentliche GOÄ, die für alle gilt, egal ob PKV oder GKV, damit endlich die völlig unsinnige GKV-Kassenlandschaft in vernünftige Strukturen entwickelt werden kann. Schluß mit der Zweckentfremdung von Beiträgen zu pseudomarktwirschaftlichem Kassengerangel. KV und Ärztekammern fusionieren und eine ärztliche Standesvertretung entwickeln, die ihrem Namen gerecht wird.
Endlich mal Mut für zukunftsfähige Strukturen!
Liebe Kolleginnen und Kollegen - wie wärs ?
Einen schönen Wahlsonntag
M.f.G. B.Bauer

Dr. jens wasserberg 18.09.201308:13 Uhr

Lösung seit Monaten klar

Die offenbar fehlerhafte Kalkulation der Gesprächsziffern, der Chronikerpauschalen und der Ordinationen war seit langem offensichtlich. Eine Lösung kann deshalb nur sein, dass man die bisherige Systematik mit Chronikern und Ordination weiterführt, bis eine betriebswirtschaftliche Kalkulation der neuen Positionen vorliegt. Weder 9,- Gesprächsvergütung, noch 6,10 € für eine komplette Quartalsvertretung sind überhaupt diskutabel und zeigen, dass die KBV-Verhandlungsführer inkompetent sind. Diesen beleidigenden Dumpingpreisen hätte man niemals zustimmen dürfen !
Zum 1. Oktober 2013 dürfen somit lediglich die neuen Ziffern für Geriatrie und Palliativmedizin eingeführt werden, wenngleich auch hier kalkulatorisch handwerkliche Fehler vorliegen.
Die Hausärzteschaft sollte niemals Preise - obendrein auch noch durch RLVs abzustaffeln - akzeptieren, die einerseits Dumping betreiben und auf der anderen Seite eine Mengendynamik erzwingen, die jedwede Preisdiskussion im Nachgang unterbindet.
In Zukunft darf sich die Ärzteschaft nie mehr auf eine zweizeitige Honorarreform einlassen, bei der zunächst die Menge durch floatende Berechnung in ein vorhandenes Budget gequetscht wird, und dan vage im Nachgang über angemessene Preise erst gesprochen werden soll - oder auch nicht. Es ist unbegreiflich, wie die KBV diese simplen betriebswirtschaftlichen Zusammenhänge andauernd zu Lasten der Ärzteschaft verletzt und wirft ernsthaft die Frage nach der vorhandene Qualifikation auf. Offenbar hat man aus den Fehler von 2008 / 2009 wenig gelernt.

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