Kommentar zur GKV-Finanzlage
Zeit und Geld für Strukturinvestitionen
Eines ist sicher: Das Rekordhoch der Finanzreserven im Gesundheitssystem von über 30 Milliarden Euro zum Jahreswechsel 2013/14 dürften historisch einmalig bleiben. Das ist auch gut so. Denn in Wirklichkeit handelt es sich um das Geld von überwiegend zwangsversicherten Bürgern, denen damit gehörig Liquidität entzogen wird.
Nun ist diese Reserve in den letzten neun Monaten um rund fünf Milliarden Euro geschrumpft, weniger bei den Krankenkassen, mehr beim Gesundheitsfonds. Die Krankenkassen haben durch Prämienzahlungen in einer Größenordnung von 553 Millionen Euro und mehr Satzungsleistungen ihren Versicherten (ein bisschen) Liquidität zurückgegeben. Die Mehrleistungen halten sich in engen Grenzen.
Der binnen Jahresfrist um 1,1 Milliarden Euro gesunkene Reservebetrag im Gesundheitsfonds entspricht fast genau der Absenkung des Bundeszuschusses von 11,5 auf 10,5 Milliarden Euro. Sicher ist, dass die Reserve zum Jahresende aufgrund der Beiträge etwa auf das Weihnachtsgeld steigen wird: Das Ministerium rechnet mit 12,8 Milliarden Euro, das sind nur 800 Millionen Euro weniger als Ende vergangenen Jahres.
Das heißt: Derzeit schmilzt die Reserve nur minimal, und insbesondere die stabile Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt in Verbindung mit besseren Tarifabschlüssen lassen die Schlussfolgerung zu, dass die GKV-Finanzen auf mittlere Sicht stabil bleiben.
Und das heißt weiter: Noch nie waren die ökonomischen Rahmenbedingungen vor Strukturreformen im Gesundheitswesen so günstig wie derzeit. Vor diesem Hintergrund müssen die Defizite im Leistungssystem analysiert werden. Die Handlungsfelder der Bundesregierung sind groß und erfordern Mut - der freilich bislang nur partiell erkennbar ist.
Handlungsfeld ambulante Versorgung: Ein richtiger Fortschritt ist nur bei neu definierter Finanzierung der allgemeinmedizinischen Weiterbildung zu erkennen. Hier werden Nägel mit Köpfen gemacht. Sich abzeichnende Defizite in der fachärztlichen Grundversorgung werden nach wie vor verkannt.
Stationäre Versorgung: Am meisten drückt hier der Investitions- und Modernisierungsstau. Ob die Bund-Länder-Kommission, die heute tagt, zu einer mutigen Entscheidung kommt, bleibt abzuwarten.
Prävention: Eben eine solche mutige Entscheidung lässt der Referentenentwurf für das Präventionsgesetz vermissen. Nur Kosmetik.
Was das Gesundheitssystem braucht, sind Strukturinvestitionen. Für die hausärztliche Versorgung gibt es dazu gute und spürbare Ansätze. Woanders fehlen sie noch.
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