Ärztlicher Versorgungsumfang schrumpft?
Zu alt, zu viel Teilzeit: Zi warnt vor drohender Unterversorgung
Deutschlands ambulante Gesundheitsversorgung droht in die Unterversorgung abzugleiten, warnt das Zi. Das Institut fordert ein Umdenken: Weg von Niederlassungssperren hin zur Förderung der Niederlassung.
Veröffentlicht:Berlin. Man müsse doch nur ins Publikum schauen, um zu sehen, dass nicht nur die Patienten, sondern auch die Ärzte immer älter werden, sagte Angelika von Schütz, Vorstandsvorsitzende der KV Mecklenburg-Vorpommern, und erntete Gelächter. So brachte sie unlängst bei einer Veranstaltung auf den Punkt, dass die Arbeitswelt und mithin auch das Gesundheitswesen vor einem gewaltigen Problem stehen.
Am Mittwoch schlug das Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung (Zi) auf die Pauke und warnte nach einer Auswertung von Daten aus dem Bundesarztregister für die Jahre 2001 bis 2021: Nicht nur Medizinische Fachangestellte, sondern auch die Praxisinhaber selbst würden „absehbar zu einer raren Ressource auf dem hart umkämpften Markt der ärztlichen Gesundheitsversorgung“. Die Gründe dafür seien der sukzessive Renteneintritt der geburtenstarken „Baby-Boomer“-Jahrgänge sowie der ungebrochene Trend zur Teilzeitarbeit.
Mehr Ärzte, dennoch weniger Versorgungsleistung
Das Durchschnittsalter der niedergelassenen Vertragsärzte und -ärztinnen im Jahr 2021 betrug schon 54,6 Jahre betrug, zehn Jahr zuvor lag es bei 49,8 Jahren (siehe nachfolgende Grafik). Mehr als ein Fünftel der Vertragsärzte seien inzwischen älter als 60 Jahre.
Die Daten zeigen laut Zi zudem, dass die Zahl der an der Versorgung beteiligten Vertragsärztinnen und -ärzte seit 2001 zwar von 117.650 um 25.451 auf 143.101 gestiegen ist (plus 26 Prozent). „Durch den Trend zur Anstellung und zu Teilzeitmodellen sinkt jedoch die Versorgungsleistung je Ärztin bzw. Arzt“, schrieb das Institut.
So sei der Anteil angestellter Ärzte und Psychotherapeuten in den Praxen seit 2013 von 14 auf 26 Prozent im Jahr 2022 gestiegen. Bei den Medizinern in Teilzeit kletterte der Anteil im gleichen Zeitraum sogar von 12 auf 33 Prozent. „Selbst wenn eine freie Stelle nachbesetzt wird, bedeutet das nicht unbedingt, dass damit die gleiche Versorgungsleistung für die Patient:innen wie zuvor zur Verfügung steht“, so das Zi.
Gibt es noch Überangebot an Ärzten?
Die Schlussfolgerung des Zentralinstituts: „Wir befinden uns auch in der ambulanten ärztlichen Versorgung vor einer Zeitenwende. Aus dem vermeintlichen Überangebot ist eine drohende Unterversorgung geworden.“
Während es der Gesundheitspolitik seit Ende der 1970er Jahre als notwendig erschienen sei, den Zugang zur Niederlassung zu bremsen, werde in Zukunft „die Zahl der in der Versorgung verfügbaren Ärztinnen und Ärzte laufend abnehmen und die Zahl offener Sitze massiv ansteigen“.
„Gleichzeitig werden jüngere Medizinerinnen und Mediziner der Patientenversorgung nicht mehr im gleichen zeitlichen Umfang zur Verfügung stehen“, sagte Zi-Vorstandsvorsitzender Dr. Dominik von Stillfried.
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Bürokratie muss reduziert werden
Er forderte, die Niederlassung zu fördern, um vor allem im ländlichen Raum Versorgungslücken zu mindern. Die Politik müsse dafür Rahmenbedingungen schaffen, die geeignet seien, „Ärztinnen und Ärzte zu motivieren, der Patientenversorgung mehr Lebenszeit zu widmen“. Dafür seien mehr Gestaltungsspielräume, die konsequente Entlastung von Verwaltungsaufgaben und eine höhere Attraktivität der Niederlassung“ nötig, so Stillfried. (juk)