Zusätzliche Pflegekräfte braucht das Land
Das Thema Pflege beschäftigt immer mehr Menschen. Das belegt eine aktuelle Umfrage unter privat Pflegeversicherten zu ihren Wünschen und Erwartungen an gute Pflege. Um die sicherzustellen, brauche es vor allem qualifizierte Fachkräfte in Heimen und bei Pflegediensten. Solches Personal zu finden, fällt immer schwerer.
Veröffentlicht:BERLIN. Bei der Auswahl eines geeigneten Pflegeheimes achtet das Gros der Bundesbürger in erster Linie darauf, ob in der Einrichtung genügend qualifizierte Pflegekräfte vorhanden sind. "Weiche" Kriterien wie die bauliche Gestaltung der Einrichtung, seine Lage oder aber die Frage, ob sich das Heim in konfessioneller, freigemeinnütziger oder privater Trägerschaft befindet, spielen in der Regel eine nur nachgeordnete Rolle.
Bestätigt wird diese Prioritätenliste in Sachen Pflegeheim durch eine neue Umfrage des Charité-Instituts für Medizinische Soziologie. In Auftrag gegeben hat die Studie das zum PKV-Verband gehörende Pflegeberatungsunternehmen Compass. Befragt wurden mehr als 6200 privat Pflegeversicherte im Alter von über 40 Jahren. Laut Studie hält die Mehrheit der Befragten das Kriterium Pflegepersonal für das entscheidende bei der Auswahl eines Heimes.
Gut ausgebildetes Pflegepersonal ist das entscheidende Kriterium bei der Auswahl eines Pflegeheims - die Trägerschaft spielt kaum eine Rolle.
Doch qualifizierte Pflegekräfte zu finden, fällt vielen Heimbetreibern in Deutschland immer schwerer. Ähnlich wie bei den Ärzten, treten immer mehr professionell Pflegende in den Ruhestand und junge Berufsanfänger folgen ihnen nicht so zahlreich nach, wie sie in den Einrichtungen gebraucht werden. Die Berliner Altersforscherin Professor Adelheid Kuhlmey, die auch die Compass-Studie verfasst hat, bestätigt die Diagnose. "Wir haben in der Pflege ein Nachwuchsproblem." Politik und Gesellschaft empfiehlt Kuhlmey, sich rasch ernsthaft Gedanken darüber zu machen, "wie wir Nachwuchs in die Pflege und insbesondere in die Altenpflege bekommen - und zwar guten Nachwuchs". Freilich brauche man nicht für jede Aufgabe eine dreijährig examinierte Fachkraft. Auch ehrenamtliche Helfer oder Familienmitglieder müssten in die Versorgungsarbeit im Pflegeheim mit einbezogen werden. "Wir müssen solche Ressourcen effektiver nutzen", so die Wissenschaftlerin.
Pflegeexperten sehen das ähnlich. "Der demografische Wandel erfordert für die Zukunft einen Hilfemix für pflegebedürftige Menschen aus Fachlichkeit, Angehörigenbegleitung und Ehrenamt", so Rolf Höfert, Geschäftsführer des Deutschen Pflegeverbandes in Neuwied und Mitglied im Pflegerat. Zudem müsse mehr im Bereich der Nachwuchsförderung in der Pflege getan werden. "Ansonsten rasseln wir sehenden Auges in den nächsten Personalnotstand hinein", warnt Höfert - und verweist auf aktuelle Arbeitsmarktstatistiken des Landes Hessen.
Dort konnten im Jahr 2008 knapp 600 Altenpflegestellen in stationären Einrichtungen nicht besetzt werden. In anderen Bundesländern sei die Situation nicht besser, sagt Höfert. "Die Zahl lässt sich auf die gesamte Republik hochrechnen."
Compass-Geschäftsführerin Elisabeth Beikirch sieht jedoch nicht nur Handlungsbedarf bei der Frage des pflegerischen Nachwuchses. Ebenso wichtig sei es, die Beratungsstrukturen weiter auszubauen. "Wir erwarten einen zunehmenden Beratungsbedarf, weil die gesamte soziale Gesetzgebung und ihr Leistungsgefüge so komplex geworden ist, dass die Menschen einen Lotsen brauchen." Zudem würden sich viele Menschen auf der Suche nach einem geeigneten Pflegeheim einem insgesamt gesehen wenig transparenten Markt gegenübergestellt sehen.
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