Reisemedizin

So sind Schwangere auf den Urlaub gut vorbereitet

Wenn trotz Schwangerschaft eine Reise ins Ausland unternommen wird, muss an notwendige Impfungen gedacht werden. Auch für die Reiseapotheke gibt es Besonderheiten zu beachten.

Dr. Thomas MeißnerVon Dr. Thomas Meißner Veröffentlicht:
Etwa sechs Wochen vor der geplanten Reise sollten sich Schwangere in Sachen Impfungen beraten lassen.

Etwa sechs Wochen vor der geplanten Reise sollten sich Schwangere in Sachen Impfungen beraten lassen.

© Ekaterina Pokrovsky / stock.adobe.com

Potsdam. Reisen ins Ausland lassen sich für Schwangere nicht immer vermeiden. Wann immer möglich, sollten sie sich aber über eventuell nötige Impfungen informieren, am besten etwa sechs Wochen vor der geplanten Reise. Selbst Last-minute-Reisen seien kein Grund, auf notwendige oder empfohlene Impfungen zu verzichten, so Professor Gerd Neumann aus Potsdam (Gynäkologe 2020; 53:99-104).

Abgesehen vom Standardimpfschutz gemäß den STIKO-Empfehlungen kommen je nach Reiseziel weitere Impfungen in Betracht. Allerdings sind Lebendimpfungen (Masern, Mumps, Röteln, Varizellen) kontraindiziert und für eine Reihe weiterer Impfungen bestehen relative Kontraindikationen, erläutert Neumann in seinem Beitrag. „Grundsätzlich sind Impfungen in der Schwangerschaft auf vitale Indikationen oder unaufschiebbare Auslandsreisen zu beschränken.“

So sind besonders Reisen in Malaria-Gebiete oder Länder mit schlechten hygienischen Verhältnissen zu vermeiden.

Strenge Risiko-Nutzen-Abwägung

Soll es aber doch in eine Region gehen, wo es etwa Cholera-Ausbrüche geben kann, stellt sich die Frage nach dem Sinn einer Impfung gegen Cholera. Sie ist für Schwangere relativ kontraindiziert und bietet generell einen wenig zuverlässigen Schutz. Touristen wird sie nur selten empfohlen. Ähnliches gilt bei Reisen in FSME-Risikogebiete – nur nach strenger Risiko-Nutzen-Abwägung sei die Impfung auch in der Schwangerschaft möglich, erklärt Neumann.

Auch Länder mit Gelbfieberrisiko sollten ungeimpfte Schwangere meiden. Ist dringend eine Reise in ein Risikogebiet erforderlich, kann entweder eine Impfbefreiung in englischer oder französischer Sprache (Exemption Certificate) ausgestellt werden oder – bei großer Infektionsgefahr – eben doch geimpft werden.

Eine relative Kontraindikation besteht auch für die Meningokokken-Impfung, wie sie etwa Pilgern nach Saudi-Arabien oder bei großen Menschenansammlungen empfohlen wird.

Wichtig ist das Thema Influenza

Gegen Hepatitis A und B dürfen auch Schwangere geimpft werden, gleiches gilt für Tetanus. Gegen Poliomyelitis sind kaum noch Reiseimpfungen nötig, weil es nur noch in Afghanistan und Pakistan Erkrankungen gibt – gerechtfertigt ist diese Impfung nur bei absolut dringender Notwendigkeit.

Wichtig ist dagegen das Thema Influenza: In tropischen Regionen können ganzjährig Epidemien auftreten, in der südlichen Hemisphäre zwischen Mai und Oktober. Daher wird die Grippeimpfung allen Schwangeren ab dem zweiten Trimenon dringend empfohlen, bei erhöhter gesundheitlicher Gefährdung bereits ab dem ersten Trimenon.

Mit Typhus muss in einigen Ländern Afrikas und Asiens sowie Latein- und Südamerikas gerechnet werden. Es steht ein Totimpfstoff und ein Lebendimpfstoff zur Verfügung – laut Neumann mit jeweils unzuverlässiger Schutzwirkung. Auch vor anderen Salmonellen schützen die Impfungen nicht, weshalb sie weitgehend verzichtbar seien – der Lebendimpfstoff kommt sowieso nicht infrage.

In Südostasien gibt es Epidemiegebiete für die Japanische Enzephalitis mit hohen Übertragungsrisiken besonders in ländlichen Gebieten sowie in der Monsunzeit. Die Impfung bei Schwangeren sollte dennoch nur unter strenger Risikoabwägung erfolgen.

Was in die Reiseapotheke gehört

Prinzipiell ist es empfehlenswert, vor Reiseantritt die aktuell geltenden internationalen Reiseimpfvorschriften nachzuschauen. Das gilt auch für Zwischenlandungen. Neumann: „Die internationalen Reisevorschriften ändern sich recht häufig.“

Fachinfos zur reisemedizinischen Impfberatung finden sich bei Tropeninstituten und Gesundheitsämtern, auf den Internetseiten des Auswärtigen Amtes oder beim Centrum für Reisemedizin (CRM). Das Robert Koch-Institut hat die STIKO-Empfehlungen, die auch Reiseimpfungen berücksichtigen, in einer App für mobile Endgeräte zusammengefasst.

Der Inhalt der Reiseapotheke gehört ebenfalls in die reisemedizinische Beratung. Für Schwangere gibt es hier ein nur ein eingeschränktes Spektrum an Medikamenten. Entsprechende Hinweise hat Professor Hans-Peter Lipp von der Universitätsapotheke Tübingen zusammengefasst (Gynäkologe 2020; 53: 65-71).

Demnach gehören Analgetika zu den am häufigsten in der Schwangerschaft eingesetzten Arzneimitteln. Mittel der ersten Wahl ist Paracetamol mit einer Tageshöchstdosis von 4000 mg. Bei entzündungsbedingten Schmerzen ist es allerdings nur begrenzt wirksam. Ibuprofen gilt im ersten und zweiten Trimenon als relativ sicher.

Im letzten Trimenon sollen nichtsteroidale Antirheumatika gemieden werden, weil sie mit einem vorzeitigen Verschluss des Ductus Botalli und pulmonaler Hypertonie bei Neugeborenen in Verbindung gebracht werden. Koffeinhaltige Analgetikakombinationen werden in der Schwangerschaft nicht empfohlen.

Mittel gegen Übelkeit und Juckreiz nicht vergessen

Bei Reiseübelkeit wird gern Diphenhydramin genommen, allerdings lägen widersprüchliche Sicherheitsdaten in der Schwangerschaft vor, erklärt Lipp. Er verweist auf die Kombination Doxylamin/Pyridoxin, die seit 2018 für Übelkeit und Erbrechen in der Schwangerschaft zugelassen worden ist.

Außerdem tritt in der Schwangerschaft gehäuft Juckreiz auf, was zunächst auf trockene Haut zurückgeführt und topisch mit harnstoffhaltigen Dermatika behandelt werden kann.

Bei Allergie-assoziiertem Juckreiz sind Loratadin, Clemastin und Chlorpheniramin einsetzbar. Cetirizin hat den Vorteil, weniger sedierend und anticholinerg zu wirken.

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