Urteil
Corona-Impfkritiker Bhakdi vom Vorwurf der Volksverhetzung freigesprochen
Im schleswig-holsteinischen Plön stand der pensionierte Professor für Mikrobiologie Sucharit Bhakdi wegen Volksverhetzung vor Gericht. Er hatte die Impfpolitik Israels mit dem Holocaust verglichen.
Veröffentlicht:
Der Angeklagte Sucharit Bhakdi vor Prozessbeginn im Plöner Gerichtssaal: Der Mediziner musste sich wegen des Vorwurfs der zweifachen Volksverhetzung verantworten.
© Christian Charisius/dpa
Plön. Der Mediziner Dr. Sucharit Bhakdi ist vor dem Amtsgericht im schleswig-holsteinischen Plön vom Vorwurf der zweifachen Volksverhetzung freigesprochen worden. Das Gericht habe nicht feststellen können, dass sich der 76-Jährige mit Äußerungen im Wahlkampf 2021 sowie einem Interview im Internet strafbar gemacht habe, sagte Richter Malte Grundmann in der Urteilsbegründung am Dienstagabend. Zwar sei der Vergleich zwischen Impfpolitik und Holocaust nicht hinnehmbar, aber Bhakdis Äußerungen seien nicht geeignet gewesen, den öffentlichen Frieden zu stören.
Dies hatte die Vertreterin der Generalstaatsanwaltschaft angenommen. Grundmann dagegen sagte, bei mehrdeutigen Äußerungen sei die für den Angeklagten günstigere Interpretation zu berücksichtigen. Das Gericht folgte damit der Auffassung der Verteidigung, die Freispruch gefordert hatte. Der Richter wies ausdrücklich darauf hin, dass Bhakdi am Ende seiner Rede zu friedlichem Diskurs mit Politikern aufgerufen und die Idee der demokratischen Willensbildung betont habe.
„Mehrdeutigen Äußerungen“ des Angeklagten
Die Generalstaatsanwaltschaft warf dem pensionierten Professor für Mikrobiologie Volksverhetzung in zwei Fällen vor. Laut Anklage soll Bhakdi im Zusammenhang mit heftiger Kritik an der Impfpolitik Israels auch gegenüber in Deutschland lebenden Jüdinnen und Juden zum Hass aufgestachelt und diese als religiöse Gruppe böswillig verächtlich gemacht haben. Er habe durch eine drastische aggressive Wortwahl zur Impfpolitik als zweitem Holocaust bewusst ein Klima der Angst auch unter deutschen Jüdinnen und Juden in Kauf genommen, sagte Oberstaatsanwältin und Antisemitismusbeauftragte des Landes Schleswig-Holstein, Silke Füssinger. Sie forderte eine Geldstrafe in Höhe von 180 Tagessätzen zu je 90 Euro.
Die Verteidigung wies die Anklage zurück und warf der Generalstaatsanwaltschaft vor, das Verfahren politisiert zu haben. Zu dem Verfahren kam es, obwohl die Kieler Staatsanwaltschaft die Anklageerhebung gegen Bhakdi abgelehnt und das Verfahren eingestellt hatte. Daraufhin zog die Generalstaatsanwaltschaft das Verfahren an sich.
Oberstaatsanwältin kündigt Rechtsmittel an
Nach Ansicht der Verteidigung ermittelte die Generalstaatsanwaltschaft unvollständig und berücksichtigte nichts Entlastendes für den nicht vorbestraften Angeklagten. Die Anklagevorwürfe gegen Bhakdi seien durch nichts begründet. Doch noch ist der Fall nicht abgeschlossen. Die Oberstaatsanwältin kündigte Rechtsmittel an.
In seinen Bestseller-Büchern zur Corona-Pandemie, in Interviews und Reden verbreitete Bhakdi nach Auffassungen von Wissenschaftlern mehrfach Falschinformationen. Die Universitäten in Mainz und Kiel, an denen er früher arbeitete, haben sich von Bhakdis Äußerungen distanziert. (dpa)
Amtsgericht Plön, Az: OJf 9/21