Digitalisierung
Corona-Warn-App könnte für Praxen mehr Aufwand bedeuten
Seit Dienstagfrüh kann die Corona-Warn-App für Deutschland aufs Handy heruntergeladen werden. Schon im Vorfeld wurde klar: Beschäftigten imGesundheitswesen könnte die App Mehraufwand bescheren.
Veröffentlicht: | aktualisiert:Berlin. Ärzte dürfen Patienten, die mittels der Corona-Warn-App über einen kritischen Kontakt zu einem Infizierten informiert wurden, auf das SARS-CoV-2-Virus testen. Wie Dr. Stephan Hofmeister, KBV-Vorstandsmitglied am Freitag erklärte, sei mit dem Warnhinweis „die Notwendigkeit gegeben, sich untersuchen zu lassen. Dieser Test wird dann bezahlt.“ Dazu, so Hofmeister weiter, „braucht es keiner weiteren Schritte über das Gesundheitsamt“.
Der Bewertungsausschuss hat am Freitag diesbezüglich neue Leistungen für Vertragsärzte beschlossen. Die App steht seit Dienstag zum Downsload bereit. Ziel ist es, Infektionsketten schneller zu unterbrechen, indem Personen zeitnah gewarnt werden, wenn sie sich während einer epidemiologisch relevanten Dauer in der Nähe eines Infizierten aufhielten.
Mehr Kontakte, mehr Arbeit
„Die App ist eine technische Ergänzung, die zu mehr Arbeit führen wird“, mahnt Dr. Ute Teichert, Vorsitzende des Bundesverbandes der Ärztinnen und Ärzte des Öffentlichen Gesundheitsdienstes (ÖGD) am Montag in einem Pressegespräch des Science Media Center (SMC). Der Zusatzaufwand treffe vermutlich vor allem Hausärzte und Gesundheitsämter, weil potenziell mehr Personen über kritische Kontakte informiert würden, als das bisher der Fall war.
Dennoch: Gesundheitsämter werden es auch weiterhin schwer haben, Infektionsketten- und -herde ausfindig zu machen. Standortdaten werden über die App nicht weitergegeben. Zudem bleibt es Infizierten selbst überlassen, ob sie per App über ihre Infektion informieren.
Teichert fordert, die Entwicklungen des Arbeitsaufwands in den Gesundheitsämtern zu beobachten und in die Personalberechnung einzubeziehen. „Die technische Unterstützung durch die App ist gut, um einen weiteren Lockdown zu verhindern, aber wir müssen das Personal in den Gesundheitsämtern aufstocken.“ Testkapazitäten seien in Deutschland derzeit ausreichend vorhanden.
Fehlinformationen nicht auszuschließen
Marcel Salathé, Professor für digitale Epidemiologie (ETH Lausanne) und maßgeblich beteiligt an der Schweizer Tracing App warnt im SMC-Pressegespräch, die Corona-Warn-App sei „kein Wundermittel“. Der Begriff „Kontakt“ sei keine präzise wissenschaftliche Größe, sondern vielmehr ein praktisch festgelegter Richtwert, sodass allein deshalb eine Unschärfe bestehen wird. Es werde „sicher viele Falsch-positive und auch Falsch-negative“ Meldungen geben, so Salathé. Dennoch sei die App ein wichtiger Baustein des Gesamtkonzepts. (mu)