Die elektronische Patientenakte als Werkzeug
Bei der Verbreitung der elektronischen Patientenakte muss geregelt sein, wer auf die Daten zugreifen darf. Das ist eine Erkenntnis aus einer Fachtagung in Essen.
Veröffentlicht:ESSEN. Der Einsatz von elektronischen Patientenakten (EPA) kann die Arbeit in Praxis und Klinik erleichtern. Im Umgang mit dem Thema sollten die Ärzte aber eines nicht vergessen: Die Akten sind ein Werkzeug und kein Selbstzweck.
IT war zu stark im Vordergrund
"Wir haben in der Vergangenheit den Fehler gemacht, dass wir die IT viel zu stark in den Vordergrund gestellt haben", sagte der Dortmunder Orthopäde Dr. Willi Kretzmann auf der Fachtagung "IT-Trends Medizin/Health Telematics" in Essen.
Der Arbeit mit einer EPA müsse ein strategisches Konzept zugrunde liegen, sagte Kretzmann, der gemeinsam mit Kollegen ein Medizinisches Versorgungszentrum (MVZ) betreibt. Die Beteiligten müssten analysieren, was die Akte leisten soll und welche Strukturen sie benötigen. In einem nächsten Schritt könnten sie prüfen, wie sich die Anforderungen technisch umsetzen lassen.
Ansprüche an Akten nicht zu hoch hängen
Der Dürener Allgemeinmediziner Dr. Wolfgang Deiters arbeitet bei EPA Düren mit, einem Projekt zur Entwicklung einer einrichtungsübergreifenden elektronischen Patientenakte für Integrationsverträge und Praxisnetze. Er plädierte für eine pragmatische Herangehensweise.
Die Ansprüche an die Akten dürften nicht zu hoch gehängt werden, forderte er. "Wenn wir warten, bis es die optimale Lösung gibt, werden wir nie etwas erreichen", so Deiters. So sei es richtig und wichtig, die Befundübertragung datenschutzrechtlich sicher zu gestalten, sagte Deiters. Dabei sollte man aber nicht übertreiben. "Wir müssen uns auch fragen: Wie werden heute Befunde übertragen?"
"Die Akte darf die Empathie nicht verdrängen"
Bei einer Verbreitung von elektronischen Patientenakten müsse gewährleistet sein, dass sie auf einer sicheren Punkt-zu-Punkt-Lösung basieren und dass genau geregelt ist, wer auf die dort gespeicherten Daten zugreifen darf. Das sagte Dr. Christiane Groß, eine der beiden Vorsitzenden des ärztlichen Telematik-Beirats in Nordrhein-Westfalen.
Der Einsatz der neuen Instrumente dürfe nicht dazu führen, dass die Ärzte nur noch in die elektronischen Patientenakten schauen und nicht mehr auf den Patienten.
"Die Akte darf die Empathie nicht verdrängen", forderte sie. Ärzte müssen nicht nur in den Akten lesen können, sondern weiter die Kunst der Kommunikation beherrschen. "Wenn wir lernen, beides zu behalten, sind wir auf dem richtigen Weg", sagte Groß.
Broschüre zur elektronischen Patientenakte
Ärzte können sich in einer neuen Publikation über den aktuellen Wissensstand zu elektronischen Akten informieren. Die Broschüre "Elektronische Akten im Gesundheitswesen - Nutzen, Ausprägungen und Datenschutz", die das Zentrum für Telematik im Gesundheitswesen herausgegeben hat, fasst die Ergebnisse eines bundesweiten Arbeitskreises zum Thema zusammen.
Dabei geht es sowohl um den Nutzen und die Ziele der elektronischen Patientenakte (EPA) als auch um Datenschutzanforderungen, Begrifflichkeiten und technische Aspekte.
"Das Dokument an sich stellt bereits einen Meilenstein dar, denn es bietet die Chance, dass zukünftig alle maßgeblichen Akteure abgestimmt und koordiniert an praktikablen Lösungen arbeiten", schreibt die nordrhein-westfälische Gesundheitsministerin Barbara Steffens im Vorwort.