Stada Gesundheitsreport
Digital Natives hadern mit Online-Videosprechstunde
Junge Erwachsene verfügen nicht nur über eine defizitäre Gesundheitskompetenz, sie lehnen auch moderne Versorgungsformen ab, so eine Befragung.
Veröffentlicht:Bad Vilbel. Claudio Albrecht, Vorstandsvorsitzender der Stada AG, fordert das Schulfach Gesundheit. Grund ist, wie er im Vorwort zu dem am Donnerstag veröffentlichten "Stada Gesundheitsreport" 2017 betont, dass es der jungen Generation der 18- bis 24-Jährigen, die für die Untersuchung repräsentativ befragt wurden, an Gesundheitsbildung fehle.
Im übrigen wünschten sich 80 Prozent der betroffenen Altersgruppe ein Schulfach "Gesundheit". "Ein (zu) großer Teil der ‚Generation Zukunft' kann elementare Fragen zu wichtigen Gesundheitsthemen nicht beantworten", so Albrecht.
Ein Viertel glaubt noch an Praxisgebühr
In puncto Gesundheitssystem glaubten demnach 25 Prozent der 18- bis 24-Jährigen, dass es noch die Praxisgebühr gibt – bereits zum 1. Januar 2013 wurde die ersatzlos gestrichen. 35 Prozent haben keine Ahnung, dass Hausärzte von den Kassen pro Patient bezahlt werden, und nur 62 Prozent sind sich darüber im Klaren, dass sich Krankenkassen auch aus den Beiträgen ihrer Versicherten finanzieren.
Auch weist das Gesundheitsverständnis im Lebensalltag erhebliche Defizite auf. So gaben 85 Prozent der jungen Erwachsenen an, nicht zu wissen, dass neben HIV auch HPV und Syphilis durch ungeschützten Geschlechtsverkehr übertragen werden kann.
38 Prozent wissen nicht, was eine Antibiotikaresistenz ist, 36 Prozent denken fälschlicherweise, dass Antibiotika gegen Viren helfen. Und schließlich wissen nur 17 Prozent, dass das Immunsystem den Körper auch vor Pilzen und Parasiten schützt.
Zum Erwerb ihrer Health Literacy befragt, gaben 69 Prozent der Befragten an, das Thema Gesundheit habe in ihrer Schulzeit nie eine Rolle gespielt. Nur 27 Prozent gaben an, im Schulunterricht etwas von Volkskrankheiten gehört zu haben, in puncto Prävention waren es gar nur 21 Prozent – über das deutsche Gesundheitssystem haben nur 13 Prozent je etwas in der Schule erfahren. 32 Prozent gaben an, jeweils durch ihre Eltern, das Internet oder Bücher am meisten über Gesundheit gelernt zu haben.
Erwartungen an Ärzte
Abgefragt wurden auch die Erwartungen der jungen Erwachsenen an Ärzte: 79 Prozent schätzen es, wenn der Arzt sich Zeit nimmt und die Erkrankung sowie Therapie gut erklären kann. Für 71 Prozent der Befragten ist wichtig, vom Arzt freundlich behandelt zu werden.
52 Prozent wünschen sich eine schnelle Terminvergabe. Lediglich jeweils zwölf Prozent sind gute Arzt-Bewertungen im Internet und die Möglichkeit, online Termine zu vereinbaren, wichtig.
"Das World Wide Web und ‚Dr. Google‘ stellen also eine gute Informationsquelle dar, ersetzen aber nicht den guten Draht zum Arzt", folgern die Studienautoren. Und gerade diejenigen Aspekte, an denen es nach Meinung zahlreicher Experten am meisten hapert, sind dem Patienten-Nachwuchs wichtig: mehr Zeit mit dem Arzt und eine schnelle Terminvergabe.
Frauen seien die Soft-Skills und Service-Aspekte beim Arzt übrigens deutlich wichtiger als Männern: vor allem, dass sich der Arzt viel Zeit nimmt (87 zu 72 Prozent) und freundlich ist (78 zu 65 Prozent).
Während Experten eher erwarten, dass neue digitale Möglichkeiten der Fernbehandlung gerade bei den Digital Natives gut ankommen, äußerten die von Stada Befragten doch Vorbehalte. Insgesamt 71 Prozent stehen zum Beispiel einer hausärztlichen Online-Behandlung via Webcam eher ablehnend gegenüber.
Lediglich drei von zehn Befragten sind für eine solche Fernbehandlung offen. 34 Prozent der jungen Männer würden eine Fernbehandlung zumindest mal ausprobieren, aber nur 24 Prozent der Frauen. (maw)