Drei Monate auf Bewährung für nicht erkannten Infarkt
NEU-ISENBURG (juk). Der medizinische Fortschritt ist auch ein Fluch für Ärzte. Inzwischen müssen Mediziner im Notdienst damit rechnen, bei Diagnosefehlern, etwa bei nicht erkanntem Herzinfarkt, wegen fahrlässiger Tötung angeklagt zu werden.
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Diese bittere Erfahrung machte ein Hausarzt: Er wurde vom Landgericht Potsdam zu einer Freiheitsstrafe von drei Monaten verurteilt, ausgesetzt zur Bewährung. Der Schuldspruch, der rechtskräftig ist: fahrlässige Tötung durch Unterlassen (Az.: 27 Ns 96/07).
Der Arzt war während des kassenärztlichen Notdienstes zu einer 44-Jährigen gerufen worden, die einen akuten Herzhinterwandinfarkt erlitten hatte. Trotz Übelkeit, Rückenschmerzen und Schmerzen im linken Arm verwarf der Arzt eine differenzialdiagnostische Abklärung und wies die Frau auch nicht in eine Klinik ein. Sie starb.
Nach Aussagen von Juristen zeigt das Urteil beispielhaft, wie der medizinische Fortschritt den Ärzten auch immer mehr Verantwortung aufbürdet. "Je weiter die Technik voranschreitet, desto mehr erwartet man vom Arzt, dass er sich diesem Stand anpasst, auch bei der Diagnose", sagt Strafrechtler Uwe Lehnhart.
Früher scheiterte die Verurteilung eines Mediziners bisweilen an der Kausalität für den Tod des Patienten. Das Argument: Auch bei einer zutreffenden Diagnose wäre es schlecht um den Patienten bestellt gewesen. Selbst wenn die richtigen Hilfsmaßnahmen ergriffen worden wären, hätte er den Infarkt mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht überlebt. Heute dagegen habe sich etwa die kardiologische Versorgung erheblich verbessert und damit die Überlebenswahrscheinlichkeit des Betroffenen.
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