bvitg bemängelt

E-Health-Gesetz bietet zu viele Schlupflöcher

Gleich an mehreren Stellen im E-Health-Gesetz hat der Bundesverband Gesundheits-IT Lücken aufgespürt, die Parallelstrukturen Tor und Tür öffnen.

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BERLIN. Die grundsätzliche Zustimmung zum geplanten E-HealthGesetz vonseiten der Industrie bleibt auch nach der genauen Analyse von Gröhes Gesetzesentwurf.

Der Bundesverband Gesundheits-IT (bvitg) will in dem Entwurf jedoch "erhebliche Lücken" ausgemacht haben, "welche die Erreichung der eigentlichen Ziele Gefährden".

Ein Dorn im Auge sind dem Verband vor allem die Schlupflöcher bei der Einführung des elektronischen Entlassbriefes und des E-Arztbriefes.

E-Arztbrief soll 2016 starten

Im Gesetzentwurf steht für den Entlassbrief (Paragraf 291g) und auch den E-Arztbrief (Paragraf 291h) tatsächlich, dass für den Datentransfer Komponenten und Dienste der Telematikinfrastruktur genutzt werden sollen, sobald diese zur Verfügung stehen.

Starten soll der E-Entlassbrief aber bereits im Juli 2016 und der E-Arztbrief sogar schon Anfang 2016. Zu diesen Zeitpunkten beginnt die finanzielle Förderung.

Davor sollen Krankenhausgesellschaft und KBV sich mitverantwortlich für sichere Kommunikationswege zeichnen. Laut bvitg ein guter Nährboden für die Etablierung paralleler Netzstrukturenin Konkurrenz zur Telematikinfrastruktur.

Medikationsplan in der Hoheitsgewalt des Hausarztes?

Der bvitg empfiehlt daher, die im Entwurf genannten Anwendungen nur unter Nutzung der Telematikinfrastruktur wie geplant finanziell zu fördern.

Bis diese flächendeckend verfügbar sei, sollten die Anwendungen nur im Erprobungsgebiet gefördert werden. Darüber hinaus sollten die Anwendungen aller bestehenden Netze perspektivisch auf die Telematikinfrastruktur migriert werden.

Beim Medikationsplan stört den Verband indes nicht nur, dass er zunächst lediglich in Papierform bereitgestellt werden soll. Sondern auch, dass er "in der Hoheitsgewalt des Hausarztes" liegen soll.

Richtiger wäre es laut bvitg, dem Patienten ein Recht auf seine Gesundheitsdaten in strukturierter elektronischer Form einzuräumen - gepaart mit dem Recht auf eine von ihm frei zu wählende Patientenakte.

Elektronische Patientenakte kommt nicht vor

Die elektronische Patientenakte aber kommt in der Tat im gesamten Entwurf mit nicht einem Wort vor.

"Die elektronische Patientenakte ist die Grundlage für die Übertragung der Datenhoheit an den Patienten. Nur so lassen sich Daten, wie der im Gesetzentwurf vorgesehene digitale Entlassbrief an die Patienten übertragen", so bvitg-Geschäftsführer Ekkehard Mittelstaedt in der Stellungnahme des Verbands.Mängel sieht der bvitg zudem bei der Interoperabilität.

Dem hierfür geplanten Interoperabilitäts-Verzeichnis fehle eine Plausibilitätsprüfung. Dadurch könnte jeder deklarierte Standard ins Verzeichnis aufgenommen werden. Damit, so der bvitg, sei eine Vereinheitlichung nicht erreichbar.

Schlimmer noch: Da die KBV und die Krankenhausgesellschaft jeweils für ihre Bereiche die Vorgaben für die Schnittstellen für den Datenaustausch in Praxis- und Klinik-EDV sowie mit anderen Komponenten definieren sollen, würden.

Die die Sektorengrenzen nicht aufgebrochen, sondern die sektorenbasierte Sicht- und Handlungsweise würde sogar noch gefestigt, fürchtet der bvitg.

Hier sollten nach Ansicht von Mittelstaedt die Ergebnisse der Planungsstudie zur Herstellung von Interoperabilität des Bundesgesundheitsministeriums, an der sich alle relevanten Organisationen konstruktiv beteiligt hätten, einfließen.

Mittelstadt: "Aus unserer Sicht vergibt der Gesetzgeber hier die Chance, eine von allen Seiten akzeptierte Lösung umzusetzen, um stattdessen ein neues Konstrukt, dessen Details fraglich sind, zu etablieren." (reh)

Lesen Sie dazu auch: E-Health-Gesetz: KBV fordert Ergänzungen und Korrekturen

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