Praxis-Kommunikation

E-Mail unterstützt Psychotherapie

Seit 2001 nutzt ein Arzt und Psychotherapeut das Web zur Patientenkommunikation. Weiterer Vorteil: Es hilft bei der Qualitätskontrolle.

Von Jonas Tauber Veröffentlicht:
Psychotherapeut Dr. Herbert Mück kommuniziert mit seinen Patienten zusätzlich zu jeder Sitzung auch per E-Mail. Er ist überzeugt, dass dies zum Therapieerfolg beiträgt.

Psychotherapeut Dr. Herbert Mück kommuniziert mit seinen Patienten zusätzlich zu jeder Sitzung auch per E-Mail. Er ist überzeugt, dass dies zum Therapieerfolg beiträgt.

© tau

KÖLN. Der Kölner Arzt und Psychotherapeut Dr. Herbert Mück setzt das Internet für die Information von Neupatienten und in der Behandlung ein. Mit umfassenden Informationen auf der Praxis-Website will er das Ziel erreichen, dass Patienten nicht mit falschen Erwartungen zu ihm kommen.

Während der Therapie sollen E-Mails die Kommunikation zwischen den Sitzungen aufrechterhalten. Mit diesem Konzept kam er beim Wettbewerb "Die innovative Arztpraxis 2012" - einer Aktion der Fachverlagsgruppe SpringerMedizin, zu der die "Ärzte Zeitung" gehört, und dem Biopharmazieunternehmen UCB - vergangenes Jahr unter die Top Ten.

Gute Beziehung macht den Erfolg

Das Konzept ermöglicht es, besonders rasch eine vertrauensvolle Beziehung zu den Patienten aufzubauen, ist Mück überzeugt. "Internetgestützte Angebote sind stark beziehungsorientiert."

Und: Ein gutes Verhältnis wiederum sei entscheidend für den Therapieerfolg. "Ich glaube, dass eine gute Beziehung mehr als 50 Prozent des Erfolgs ausmacht."

Ausgangspunkt von Mücks internetgestütztem Ansatz ist seine Website. Hier informiert er über seine beiden bevorzugten Methoden Tiefenpsychologie und Verhaltenstherapie, liefert Informationen über bestimmte Krankheitsbilder oder veröffentlicht anonymisiertes Anschauungsmaterial von Therapieverläufen.

Die Informationen sollen für ein gutes "Matching" sorgen - also dafür, dass Therapeut und Patient zusammenpassen. Wer an einer Behandlung interessiert ist, kann sich per E-Mail an Mück wenden. In der Antwort erhalten Interessierte einen Fragebogen zu ihrer Lebensgeschichte.

Anhand des ausgefüllten Formulars macht sich Mück eine Vorstellung von der Problematik und den Zielen einer Therapie. Bei Bedarf stellt er noch vor dem Erstgespräch weitere Nachfragen.

E-Mails unterstützen Behandlung

Ab dem Beginn der Therapie soll der Austausch per E-Mail die Kommunikation zwischen den Therapiesitzungen in der Praxis aufrechterhalten und den Behandlungsprozess unterstützen.

So bestärkt Mück seine Patienten, dass sie ihm 24 bis 48 Stunden nach einer Sitzung ihre Eindrücke beschreiben. "Das ist ein hervorragendes Instrument zur Qualitätskontrolle", sagt er.

Eine andere Möglichkeit: Patienten berichten über ihre Fortschritte mit den verhaltenstherapeutischen "Hausaufgaben" und erhalten von Mück eine einschätzende Antwort.

2001 probierte er das Konzept erstmals aus. Eine Patientin wollte endlich ihr lange ruhendes Studium beenden, kam aber mit der Abschlussarbeit nicht voran. Mück regte an, dass sie in regelmäßigen Abständen den Stand der Dinge protokollierte.

Die Texte sollte sie ihm dann per E-Mail zuschicken, er reagierte mit einem kurzen Feedback. Die Strategie ging auf, berichtet Mück. Nach relativ kurzer Zeit habe die Patientin ihre Arbeit erfolgreich abgeschlossen.

Internet-Kodex für Patienten

Bei allen Stärken der internetgestützten Therapie gibt es auch Kehrseiten. Wer ständig erreichbar ist, muss der Versuchung widerstehen, immer online zu sein, sagt Mück.

Diese Gefahr ist in seinem Fall besonders groß, weil er keine Mitarbeiter beschäftigt. Er muss also selbst dafür sorgen, dass seine Website auf aktuellem Stand bleibt. E-Mails beantwortet er persönlich.

Aus diesem Grund hat sich der Therapeut verschiedene Regeln auferlegt, wie etwa eine Internet-Abstinenz während des Urlaubs. "Die Gefahr, sich zu verausgaben, ist wirklich groß. Deshalb ist der internetfreie Urlaub so wichtig."

Außerdem hat er einen "Internet-Kodex" formuliert: Pro Sitzung beschränken sich Patient und Therapeut demnach auf je zwei E-Mail-Nachrichten. Zum Kodex gehört auch, dass sich beide Seiten mit der Antwort Zeit lassen können.

Für die Patienten seien die beschränkenden Regeln kein Problem: "Damit kommen die Leute gut zurecht, wenn sie es von vornherein wissen.".

Für die internetgestützte Therapie berechnet Mück einen Aufschlag von 25 Euro pro regulärer Einzelsitzung. Kassenpatienten müssen ihn generell aus der eigenen Tasche bezahlen. Bei Privatpatienten gibt es die Möglichkeit, analog nach den Ziffern 1 und 3 GOÄ abzurechnen.

Alternativ kann der reguläre Gebührensatz mit dem Vermerk "inklusive ergänzende und beratende Emailberatungen" pauschal angehoben werden, etwa vom 2,3-Fachen auf das 2,9-Fache.

Mit Protokoll Fortschritte prüfen

Die Integration von Internet-Kommunikation in Mücks therapeutische Arbeit ist ein Resultat seiner Überzeugung, dass schriftliche Kommunikation zum Therapieerfolg beitragen kann.

"Was niedergeschrieben ist, kann immer wieder zu Rate gezogen werden." Deshalb verfasst er während jeder Sitzung ein Protokoll, das der Patient nach der Stunde im Original mit nach Hause nimmt. So soll er seine Fortschritte überprüfen können.

Schließlich bittet Mück ehemalige Patienten ein Jahr nach Ende der Therapie um eine schriftliche Einschätzung der Wirkung der Behandlung. So kommt im Lauf einer Therapie eine beträchtliche Anzahl von Texten zusammen, die sich später als nützlich erweisen können. "Klagt ein Patient nach Jahren über einen Rückfall, hilft ihm unter Umständen ein Blick in die Dokumente."

In den vergangenen Wochen musste Mück angesichts der Enthüllungen über die Überwachung von Telefongesprächen und E-Mail-Verkehr oft über die Datensicherheit nachdenken.

Den Vorwurf, dass er seinen Patienten ein falsches Sicherheitsgefühl vermittelt hätte, muss er sich aber nicht machen: In der jeweils ersten E-Mail zu Beginn einer Behandlung weist er immer darauf hin, dass die Datensicherheit während des Sendevorgangs leider nicht zu gewährleisten ist.

In der Praxis angekommen, gilt für den elektronischen Brief dagegen strenge Vertraulichkeit und umfassender Datenschutz.

Innovationspreis 2013

Haben Sie eine innovative Idee, die Sie in Ihrer Praxis umsetzen wollen oder umgesetzt haben? Dann bewerben Sie sich bis zum 30. November im Wettbewerb "Die innovative Arztpraxis", den das Biopharmaunternehmen UCB und die Verlagsgruppe Springer Medizin in diesem Jahr zum dritten Mal ausschreiben. Sie können mit Ihrer Idee einen von mehreren wertvollen Preisen gewinnen - als Hauptpreis winkt ein eintägiges Praxiscoaching durch die Unternehmensberatung HCC Better Care, Köln.

In unserem Online-Formular beschreiben Sie Ihre Idee und die Umsetzung. Dabei geht es auch darum, dass Sie zeigen, was Ihre Idee innovativ macht – zum Beispiel für die Versorgung von Patienten oder auch für die Wirtschaftlichkeit Ihrer Praxis. Sie können im Internet auch Dokumente hochladen, zum Beispiel Bilder oder Word-Dateien.

Ihre Daten werden nur zur Ermittlung der Gewinner verwendet und nicht an Dritte weitergeleitet.

Bewerbung bis 30. November 2013 online unter www.aerztezeitung.de/extras/innovationspreis

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Kommentare
Wolfgang Thoma 24.09.201310:58 Uhr

Antwort an Herrn Gerlof

Sehr geehrter Herr Gerlof,
im Gesundheitswesen haben patientenbezogene Daten laut DSG grundsätzlich den Schutzbedarf "sehr hoch" und stehen ausserhalb persönlicher Interpretationen. Willigt der Patient jedoch ausdrücklich ein und entbindet den Arzt von seiner Schweigepflicht, macht er von seinem Recht auf informationelle Selbstbestimmung gebrauch. Dies hätte m.E. im Artikel verdeutlicht werden müssen.
Bei Interesse kann ich Ihnen gerne eine datenschutzrechtliche Betrachtung zum Einsatz von DE-Mail im Gesundheitswesen zukommen lassen, in welchem die Intention des DS bezüglich patientenbezogener Informationen dargestellt wird.
Ich stehe unter Wolfgang.thoma@gmx.de gerne zur Verfügung.

Zu meiner Person:
Ich bin in einer Klinik in der IT beschäftigt und habe mich letztes Jahr zum M.Sc. "IT in Healthcare" qualifiziert.

Vielen Dank, mit freundlichen Grüßen
W.Thoma

Hauke Gerlof 24.09.201309:58 Uhr

Der Patient muss Bescheid wissen

Eine kleine Anmerkung der Redaktion möchte ich mir zu dem Leserbrief erlauben: Die Problematik des Datenschutzes wird in dem Beitrag durchaus angesprochen, und Dr. Mück ist sich dessen offenbar auch bewusst.
Er weist auch deshalb seine Patienten stets auf die Grenzen der Sicherheit beim E-Mail-Versand hin. Wenn der Patient Bescheid weiß und sich dann freiwillig für eine Kommunikation per E-Mail entscheidet, dann ist das Risiko für den Arzt in der Tat überschaubar.
Ob es nicht besser wäre, für ein solches häufiger genutztes Verfahren der Patientenkommunikation ein Verschlüsselungsprogramm zu nutzen, das ist natürlich eine andere Frage, die sich letztlich jeder selbst beantworten muss.
Ein Problem bei all diesen Verfahren ist es, dass es einen großen Graubereich gibt, wo vielen nicht klar ist, was erlaubt und was nicht erlaubt ist. Die Bestimmungen der Bundesärztekammer und der KBV zum Thema Online-Kommunikation sind leider stark modernisierungsbedürftig.

Hauke Gerlof, Ressortleiter Wirtschaft, Ärzte Zeitung

Wolfgang Thoma 24.09.201308:48 Uhr

Und der Datenschutz ?

Ich finde diesen Beitrag unverantwortlich, da er mit keinem Wort die umfassenden rechtlichen Voraussetzungen auf die Grundlagen des Datenschutzes eingeht. Authentizität und Vertraulichkeit sind bei Email-Verkehr nicht gewährleistet. Die Ärztezeitung als meinungsbildendes Organ hat eine besondere Verantwortung, und sollte nicht ungeprüft einfach Projekte oder Verfahren präsentieren, die geltendem Recht entgegenlaufen, auch wenn diese praktisch und preiswert sind.

Mit freundlichen Grüßen
W. Thoma, Rosenheim

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