Transplantations-Prozess

Fehlende Akten machten BÄK-Prüfer stutzig

Im Transplantations-Prozess gegen einen Göttinger Arzt hat nun die Chefin der Prüfkommission geschildert, wie die BÄK-Prüfer auf Ungereimtheiten im Zusammenhang mit einem russischen Patienten stießen - und so den Fall ins Rollen brachten.

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Im Göttinger Landgericht muss sich der frühere Leiter der Transplantationschirurgie des Göttinger Uniklinikums verantworten.

Im Göttinger Landgericht muss sich der frühere Leiter der Transplantationschirurgie des Göttinger Uniklinikums verantworten.

© Stefan Rampfel / dpa

GÖTTINGEN. Im Prozess um den Transplantationsskandal am Göttinger Universitätsklinikum hat am Dienstag die Vorsitzende der Prüfungskommission der Bundesärztekammer (BÄK), Anne-Gret Rinder, über die Ermittlungen des Gremiums berichtet.

Anlass war der Fall eines russischen Patienten gewesen, auf den ein anonymer Anrufer die Deutsche Stiftung Organtransplantation (DSO) aufmerksam gemacht hatte. Zunächst sei man von einer normalen Einzelfallprüfung ausgegangen, sagte Rinder.

Die Prüfer wurden allerdings schnell stutzig, weil die Akten, die sie von der Göttinger Transplantationschirurgie angefordert hatten, nicht kamen.

Erst als sie daraufhin den damaligen Leiter zu einer Anhörung vorluden, bekamen sie Unterlagen zugesandt. Diese seien allerdings unvollständig gewesen, entscheidende Daten hätten gefehlt, sagte die Kommissionsvorsitzende.

Daten stimmten nicht überein

Der frühere Leiter der Transplantationschirurgie muss sich vor dem Landgericht Göttingen wegen versuchten Totschlags in elf Fällen und vorsätzlicher Körperverletzung mit Todesfolge in drei Fällen verantworten.

Die Staatsanwaltschaft wirft ihm vor, mit Hilfe von Datenmanipulationen Patienten als kränker dargestellt zu haben, als sie tatsächlich waren, damit sie schneller eine Spenderleber zugeteilt bekamen. Außerdem soll er drei Patienten eine Leber eingepflanzt haben, obwohl keine entsprechende Indikation vorlag. Diese seien nach der Transplantation verstorben.

Die Staatsanwaltschaft war von der Göttinger Universitätsmedizin eingeschaltet worden, nachdem diese von der BÄK über den Fall informiert worden war. Die Prüfungskommission hatte wegen der fehlenden Akten den ärztlichen Direktor des Uniklinikums kontaktiert.

Als zwei Tage später die Unterlagen eintrafen, fiel auf, dass das Datum der Patientenaufkleber auf den Dialyseprotokollen sowie den Aufnahmebögen des russischen Patienten nicht mit den Behandlungsdaten übereinstimmte.

Offenkundig habe es einen "zeitlichen Zusammenhang zwischen unserem Anschreiben und den Daten des Aufklebers" gegeben, sagte Rinder.

Angebliche Ahnungslosigkeit

Ein Mediziner wunderte sich zudem über die niedrigen Kreatininwerte des Patienten, obwohl dieser angeblich dialysiert worden war.

Die Kommission lud daraufhin die Leiter der Transplantationschirurgie und der Gastroenterologie sowie einen Transplantationsarzt zu einer weiteren Anhörung. Alle drei Mediziner konnten sich die falschen Angaben auf den Aufklebern nicht erklären.

Ihre angebliche Ahnungslosigkeit erstreckte sich offenbar auch auf den Zustand des Patienten: "Ich hatte den Eindruck, dass die beteiligten Ärzte den Patienten gar nicht gesehen haben", sagte Rinder.

Der Transplantationschirurg habe angegeben, er sei davon ausgegangen, dass der Patient dialysiert worden sei und einen Dialyse-Katheter gehabt habe.

Tatsächlich sei der Katheter jedoch bereits einen Tag nach dessen Aufnahme ins Göttinger Uni-Klinikum entfernt worden.

Nach Angaben der Klinikumsleitung hatte auch keine Dialyse stattgefunden. Der Prozess wird am Mittwoch fortgesetzt. (pid)

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