Rettungs-Pilot

Formel-1-Technik für schwere Notfälle

Die Uniklinik Heidelberg und Volvo Car starten ein Pilotprojekt, das mit speziellen, aus der Formel 1 bekannten Einsatzfahrzeugen die Notfallversorgung optimieren soll.

Von Daniel Burghardt Veröffentlicht:
Freie Fahrt (v.l.n.r.): Professor Erik Popp, Professor Markus Weigand und Dr. Niko Schneider vom Uniklinikum Heidelberg bei der Schlüsselübergabe für den Medical Intervention Car durch Thomas Bauch, Volvo Car.

Freie Fahrt (v.l.n.r.): Professor Erik Popp, Professor Markus Weigand und Dr. Niko Schneider vom Uniklinikum Heidelberg bei der Schlüsselübergabe für den Medical Intervention Car durch Thomas Bauch, Volvo Car.

© Uni Heidelberg

HEIDELBERG. Ein speziell ausgebildetes Notfallteam der Uniklinik Heidelberg will mit neuen Rettungsfahrzeugen, dem Motorsport entlehnten „Medical Intervention Cars“ (MIC), eine höhere Überlebensrate bei Schwerstverletzten erzielen, etwa bei Unfällen im Straßenverkehr. So können beispielsweise bei Patienten aller Altersgruppen invasive Notfallprozeduren, spezielles Atemwegsmanagement und die Gabe von Blutprodukten helfen.

In den meisten Fällen sei das Notarztsystem ausreichend, sagt Professor Markus Weigand, Ärztlicher Direktor der Klinik für Anästhesiologie. Mit dem MIC wolle man notärztliche Kollegen vor Ort in besonderen Einsatzsituationen unterstützen. „Wir sind zur Versorgung schwerstverletzter Patienten da, die nicht umgehend den Weg in die Klinik finden können“, sagte er der „Ärzte Zeitung“. Die Klinik rechne mit rund 50 Einsätzen pro Jahr, so Weigand.

Im Zuge des auf zwei Jahre angelegten Pilotprojekts wird ein Modell des Herstellers Volvo vom Typ V90 Cross Country eingesetzt, das Notfallmediziner werktags von sieben bis 17 Uhr auf Abruf an den Einsatzort bringen soll. Ein zweites, identisches Fahrzeug kommt zu Präsentationszwecken zum Einsatz und steht bei Bedarf als Ersatzfahrzeug bereit. Der Betrieb soll noch diesen Sommer aufgenommen werden, heißt es in einer Mitteilung der Klinik.

Symbiose aus Mensch und Technik

Gemeinsam mit den Notfallmedizinern Professor Erik Popp und Dr. Niko Schneider nahm Weigand vor Kurzem den Fahrzeugschlüssel von Thomas Bauch, Geschäftsführer der Volvo Car Germany GmbH, entgegen. Kommt es zu einem Unfall, ob im Straßenverkehr oder beispielsweise im Haushalt, müsse eine „schnelle, fachgerechte Versorgung sichergestellt werden“, so Bauch.

Aus medizinischer Perspektive gehe es beim MIC-Konzept vor allem um Hilfe für Personen, die sich in kritischem Zustand befinden und nicht transportfähig sind, ergänzt Notfallmediziner Schneider. In solchen Situationen könne der Notarzt vor Ort das MIC anfordern. „Mit dieser zusätzlichen Unterstützung und speziellen Medizinprodukten erhöhen wir die Überlebenschancen“, so Schneider.

Im Unterschied zu klassischen Einsatzfahrzeugen führt das MIC zum Beispiel temperierte Blutprodukte mit sich. „Das ermöglicht es uns, präklinische Transfusionen durchzuführen“, sagt Weigand.

Zudem sei man mit Equipment zur Durchführung einer extrakorporalen kardiopulmonalen Reanimation (eCPR) ausgestattet und könne so bei Patienten einen Herz-Kreislauf-Stillstand überbrücken. Darüber hinaus seien Spezialtools wie Videolaryngoskop und Instrumente zur fiberoptischen Intubation für ein effizientes Atemwegsmanagement an Bord.

Ein Team für (fast) alle Fälle

Ein siebenköpfiges Team aus Fachärzten für Anästhesiologie mit Zusatzqualifikationen plus einem Chefarzt sollen das MIC nach Fahrsicherheitstraining besetzen, so Weigand. Komplexe Fälle wie Verletzungen des Thorax seien ein Schwerpunkt der Ausbildung, auch die Traumaversorgung sei ein Fokus des Heidelberger Notfallteams im MIC.

„Unsere Vision ist es, dieses besondere Einsatzfahrzeug dauerhaft für den Rettungsdienst zu etablieren“, so Professor Erik Popp. Daher werdeuntersucht, inwieweit so die Versorgung der Bevölkerung verbessert werden kann. „Es wäre eine neue Entwicklungsstufe für den Rettungsdienst, wenn Todesfälle, die sonst aufgrund fehlender Ressourcen oder Expertise eintreten würden, so möglicherweise vermieden werden könnten“, so Popp.

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