Masterplan 2020
Front gegen Pflichtquartal Allgemeinmedizin
Medizinstudierende, Unikliniken, Fakultätentag und Fachgesellschaften wehren sich gegen Pläne, die Allgemeinmedizin verpflichtend im PJ zu installieren. Der Masterplan dürfe sich nicht allein auf den Landarztmangel fokussieren, warnen sie.
Veröffentlicht:BERLIN. Vier Verbände haben sich in einer gemeinsamen Stellungnahme gegen ein Pflichtquartal Allgemeinmedizin ausgesprochen. "Alles für alle verpflichtend zu machen, ist der falsche Weg", heißt es in dem Papier der Bundesvertretung der Medizinstudierenden (bvmd), der Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF), des Verbands der Uniklinika (VUD) und des Medizinischen Fakultätentags (MFT).
Hintergrund der Stellungnahme ist der Masterplan "Medizinstudium 2020", der derzeit von Bund und Ländern erarbeitet wird. Das Vorhaben ziele bislang "sehr einseitig auf die Stärkung der Allgemeinmedizin im Studium sowie auf vermeintliche Lösungen zur sogenannten Landarztproblematik", kritisiert Professor Heyo Kroemer vom MFT.
Er mahnte einen größeren Fokus an: Auch die Auswahl der Studienplatzbewerber, die praxisnahe Ausrichtung des Studiums und die Verankerung der Wissenschaftlichkeit im Studium müssten auf die Tagesordnung, forderte er.
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Aus Sicht der Vertretung der Medizinstudierenden sollte die sogenannte Kapazitätsverordnung, die für die Berechnung der Studienplätze maßgeblich ist, reformiert werden. Auch rechtssichere Kriterien für Testverfahren jenseits der Abiturnote mahnt die Studierendenvertretung an.
Berufen kann sich die bvmd dabei auf den Koalitionsvertrag von Union und SPD: Dort heißt es unter Verweis auf den Masterplan, man wolle eine "zielgerichtetere Auswahl der Studienplatzbewerber" ermöglichen. Allerdings enthält dieser Passus auch das Bekenntnis "zur Förderung der Praxisnähe und zur Stärkung der Allgemeinmedizin".
Mit Blick auf die Allgemeinmedizin lehnen die Autoren des Positionspapiers verbindliche Vorgaben ab. Vielmehr steige "mit der Wahlfreiheit das Interesse dafür, einzelne fachliche Schwerpunkte über die Ausbildung hinaus in der Weiterbildung fortzuführen", sagt Professor Rolf-Detlef Treede für die AWMF.
Im Papier heißt es nur, die Ausbildung solle alle Bereich der ärztlichen Tätigkeit umfassen, "auch die ambulante und primärärztliche Versorgung".Engagierter fällt hingegen das Plädoyer der vier Organisationen für einen frühen Kontakt mit der Wissenschaft aus: "Ein wissenschaftliches Grundverständnis ist für die tägliche ärztliche Praxis essenziell", heißt es.
Absage an die Landarztquote
Vorschläge, Medizinstudierende über eine Landarztquote früh an die Allgemeinmedizin zu binden, erteilen die Autoren eine Absage. Ein solches indirektes Instrument helfe nicht gegen Landarztmangel.
Hierfür müssten die Anreize und Rahmenbedingungen vor Ort geändert werden, sagt Professor Michael Albrecht vom VUD. Hingegen hat zuletzt die bayerische Staatsregierung Sympathie für dieses Instrument erkennen lassen.
Professor Ferdinand M. Gerlach, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin (DEGAM), hat 2016 zum "Schicksalsjahr für die Allgemeinmedizin" erklärt.
"Wenn wir jetzt die richtigen Weichen stellen, können wir einen Durchbruch in der Nachwuchsfrage erreichen", sagte Gerlach im Februar und verband damit die Forderung, die Allgemeinmedizin im Praktischen Jahr (PJ) zu stärken sowie die abschließende Staatsexamens-Prüfung praxisnäher zu gestalten.
Vergrätzt hat die DEGAM im März auf das vom Marburger Bund veröffentlichte "Studi-Barometer" des Marburger Bundes (MB) reagiert.
Der hatte 1756 Studierende befragen lassen: Nur 26 Prozent wünschten sich demnach eine Stärkung des Fachs Allgemeinmedizin im Studium. Die DEGAM warf dem MB daraufhin eine "tendenziöse Darstellung nicht repräsentativer Befragungsergebnisse" vor.