Post-Corona-Zeiten

Für Kliniken gibt es kein Zurück zur guten alten Zeit

Für Krankenhäuser gilt: Das Coronavirus verliert seinen Schrecken, dennoch wird nichts, wie es vor war, prognostiziert der Klinik-Ökonom Professor Boris Augurzky.

Helmut LaschetVon Helmut Laschet Veröffentlicht:
Auf Krankenhäuser kommen künftig steigende Erwartungen an die Gesundheitsversorgung zu. Bei der Erlösentwicklung sieht das anders aus, warnt Professor Boris Augurzky vom RWI.

Auf Krankenhäuser kommen künftig steigende Erwartungen an die Gesundheitsversorgung zu. Bei der Erlösentwicklung sieht das anders aus, warnt Professor Boris Augurzky vom RWI.

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Essen/Berlin. Eine Rückkehr zu den „normalen Zeiten“ vor der Corona-Pandemie ist für Krankenhäuser eher unwahrscheinlich. Zu erwarten seien wachsende Konflikte als Folge des demografischen Wandels – wachsende Alterung der Bevölkerung bei gleichzeitigem Fachkräfte- und Nachwuchsmangel – sowie strukturelle Erlösminderungen, prognostiziert der Krankenhausökonom Professor Boris Augurzky, Leiter des Bereichs Gesundheit beim RWI-Leibniz-Institut in Essen.

Im Durchschnitt, so Augurzky am Mittwoch bei einem digitalen Krankenhaussymposion von RS Medical Consult, seien die Krankenhäuser mit einem Erlöszuwachs von 3,8 Prozent im vergangenen Jahr gut durch die Krise gekommen.

Unterstützungsleistungen aus dem Bundeshaushalt hätten die Erlösausfälle kompensiert – allerdings nur bei aggregierter Betrachtung. 30 Prozent der Kliniken verzeichneten jedoch Erlösausfälle.

Verschärfter Fachkräfte- und Nachwuchsmangel

Für die Zukunft prognostiziert Augurzky wachsende Konflikte aufgrund immer schwerer zu erfüllender Erwartungen an die Gesundheitsversorgung. Ursächlich dafür sei der sich beschleunigende demografische Wandel.

So werde die Zahl der 65-Jährigen von 1,04 Millionen im Jahr 2020 auf 1,3 Millionen im Jahr 2030 wachsen, während gleichzeitig die Zahl der 20-Jährigen von 830.000 auf 750.000 zurückgehen werde. Die Lücke zwischen Alten und Jungen wächst um 160 Prozent von 210.000 auf 550.000.

Dies werde sich in verschärftem Fachkräfte- und Nachwuchsmangel niederschlagen – auch bei Ärzten und Pflegekräften. Augurzky: „Rationierungseffekte sind möglich. Das Schimpfen der Menschen auf Politik, Krankenkassen, Ärzte und Krankenhäuser wird zunehmen, verstärkt durch soziale Medien.“

Abkehr vom Mengendenken nötig

Die Konsequenz müsse sein, dass in Zukunft ethisch sei, Ressourcen zu sparen, vor allem auch beim Personal. Dies erfordere eine Abkehr vom Mengendenken und eine Neugestaltung der Leistungsprozesse durch neue Technologien wie Digitalisierung und Robotik.

Eine weitere Herausforderung speziell für Krankenhäuser sei, dass im vergangenen Jahr nicht nur die Zahl elektiver Eingriffe im Durchschnitt um zwölf Prozent zurückgegangen ist, sondern vor allem auch die Zahl ambulant-sensitiver Behandlungsfälle um durchschnittlich 207.000 oder 18 Prozent eingebrochen ist.

Bei Asthma und COPD, die knapp ein Fünftel der ambulant-sensitiven Behandlungsfälle ausmachen, waren es sogar 29 Prozent. Augurzky hält es für unwahrscheinlich, dass es in Zukunft zur Rückkehr des Fallzahlniveaus auf Vor-Pandemie-Zeiten kommen wird – Erlösausfälle, die dann nicht mehr vom Staat kompensiert werden, werden also dauerhaft sein.

Luftfahrtbranche ist schon weiter

Insbesondere mittlere und kleinere Krankenhäuser seien gezwungen, ihre Rolle in der Gesundheitsversorgung komplett neu zu definieren, beispielsweise als Fullservice-Versorgungszentrum in einer Region mit ambulanter fachärztlicher Medizin und ambulanten Pflegediensten.

Anders als in der Luftfahrtbranche, die längst mit ihrer Neustrukturierung begonnen habe, fehle es aber für Kliniken an einem „Zielbild 2030“.

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