Kommentar zu Wundprodukten
GBA auf Anarchie-Kurs?
Bis Dezember 2023 müssen Anbieter dem GBA den Nutzennachweis für bestimmte Wundprodukte erbringen. Blöd nur: Keiner weiß, wie!
Veröffentlicht:Verstand trifft nicht auf Vernunft – so könnte man den Stand der Dinge in puncto „sonstiger Produkte zur Wundbehandlung“ nach der Bundesratsentscheidung vom Freitag bezeichnen. Den Stein ins Rollen gebracht hat ein Beschluss des Gemeinsamen Bundesausschusses (GBA) vom 2. Dezember 2020. Demnach will der GBA für bestimmte silber- oder PHMB-haltige Wundauflagen künftig anbieterseitig einen Nutzennachweis sehen, damit die betreffenden Produkte in der GKV-Erstattung gehalten werden können. Der GBA sah dafür – mitten in der Corona-Pandemie, die fast alles paralysiert hat – eine Übergangsfrist für die Hersteller von 12 Monaten vor.
Die Branche stellte sich auf die Hinterfüße und überzeugte nun auch den Bundesrat, dass sie 36 Monate bräuchte, um geforderte klinische Studien aufzusetzen, die in der Pandemie mangels verfügbarer Patienten einfach nicht hätten realisiert werden können. Der Bundesrat hat mit Verstand entschieden. Denn: Auch die restlichen nicht einmal zweieinhalb Jahre setzen ein ambitioniertes Durchziehen der Studien voraus.
Ärgerlich nur, dass der GBA immer noch keinen Kriterienkatalog für ebenjene Studien, die er sehen will, übermittelt hat. Die Branche forderte diesen schon vor dem Beschluss ein, als absehbar gewesen war, wo die Reise hingehen würde. Da darf es schon mal erlaubt sein, diesbezüglich an der Vernunft des Gremiums zu zweifeln.
Unternehmen brauchen Planungssicherheit – und dazu gehört auch die Möglichkeit, anhand eines feststehenden Anforderungskatalogs an klinische Studien zum Nutzennachweis für sonstige Produkte kalkulieren zu können, ob sich der Kostenaufwand lohnt. Dann wäre das Aus für die Erstattungsfähigkeit eine bewusste Unternehmensentscheidung und kein Scheitern an anarchisch anmutendem Bürokraten-Gebaren.
Schreiben Sie dem Autor: matthias.wallenfels@springer.com