Überversorgung

GKV-Chefin will befristete Praxissitze

Die Krankenkassen wollen gegen Überversorgung vorgehen: Jetzt fordert die GKV-Verbandschefin, Vertragsarztsitze nur noch befristet zu vergeben. Die Ärzte sind entsetzt - und verweisen auf den Nachwuchsmangel.

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Kassenschranke gegen sogenannte Überversorgung.

Kassenschranke gegen sogenannte Überversorgung.

© Tony Baggett / fotolia.com

BERLIN. Der GKV-Spitzenverband spricht sich dafür aus, Zulassungen für eine Niederlassung "langfristig nur noch auf Zeit" zu erteilen. Die Vorsitzende des Spitzenverbands, Dr. Doris Pfeiffer, forderte den Gesetzgeber zum Handeln auf.

"Denn sonst lassen sich Ärzte nach wie vor in überversorgten und vermeintlich attraktiveren Regionen nieder und nicht in Gegenden, wo sie gebraucht werden", sagte sie der "Neuen Osnabrücker Zeitung".

Pfeiffer plädierte - ähnlich wie zuvor der Sachverständigenrat - KVen dazu zu verpflichten, in formal überversorgten Regionen Arztsitze aufzukaufen. Union und SPD haben in ihrem Koalitionsvertrag hierzu eine "Soll-Regelung" vorgesehen, aber keine "Muss-Regelung".

Scharfe Kritik an dem Vorstoß kommt von Dr. Werner Baumgärtner, Medi-Vorsitzender und Sprecher der Allianz deutscher Ärzteverbände. Er bewertet Pfeiffers Vorschlag als "völlig kontraproduktiv".

Bereits heute fürchte der ärztliche Nachwuchs die finanziellen Risiken einer Niederlassung ebenso wie die Budgetierung und die Regressgefahr, sagte Baumgärtner der "Ärzte Zeitung".

Eine zeitlich begrenzte Zulassung würde die Versorgungslücken wachsen lassen, weil niedergelassene Ärzte gar keine Nachfolger mehr finden. "Eines der größten Probleme besteht darin, dass Praxen kaum noch verkauft werden können", so Baumgärtner.

Pfeiffer zeigte sich demgegenüber davon überzeugt, "jeder Arzt" könne, wenn er seine Praxis aufgibt, die Zulassung verkaufen - "auch in unterversorgten Regionen".

Mit dem Versorgungsstrukturgesetz ist 2012 die Option hinzugekommen, dass Zulassungsausschüsse die Zulassung bei einem Versorgungsgrad ab 100 Prozent befristen können. Bundesweite Zahlen über befristete Zulassungen liegen der KBV nicht vor.

Ihr Sprecher Dr. Roland Stahl hält dieses Instrument aber für ungeeignet, "wenn es in Zeiten wachsenden Ärztemangels darum geht, junge Mediziner für die Niederlassung zu gewinnen". "Wie soll jemand unter der Voraussetzung einer befristeten Zulassung in die eigene Praxis investieren?", so Stahl.

Der GKV-Spitzenverband hat im November 2013 seine Reformvorstellungen in einem Positionspapier zusammengefasst ("Sicherstellung und Verbesserung der ambulanten Versorgung - Verteilungsgerechtigkeit in der Vergütung").

Darin wird das Modell der lebenslangen Zulassung als "nicht mehr angemessen" bezeichnet, und zwar besonders in Versorgungsbereichen, "die sich durch ein hohes Maß an Innovationen und Veränderungen auszeichnen".

Daraus folgt für den Spitzenverband: "Hier muss die Versorgung in kürzeren Zeiträumen umgestaltet und angepasst werden."Daher fordert der Spitzenverband die Option, "die Zulassung mit konkreten Versorgungsaufträgen zu verbinden und damit eine qualitative Ausrichtung des Versorgungsgeschehens vorzugeben". (fst)

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