Datenschutz

Geplante Corona-App „höchst problematisch“?

Der Chaos Computer Club bringt neue Bewegung in die Diskussion um Datenschutz-Konzepte für Corona-Apps. Die Regierung gerät unter Zugzwang und relativiert aufkommende Gerüchte.

Margarethe UrbanekVon Margarethe Urbanek Veröffentlicht:
Kontaktkontrolle mittels Corona-App-? Über das richtige Konzept wird noch gestritten.

Kontaktkontrolle mittels Corona-App-? Über das richtige Konzept wird noch gestritten.

© maria_savenko / stock.adobe.com

Berlin. Seit Tagen tobt ein Streit um das ideale Datenschutz-Konzept für eine Kontaktverfolgungs-App zur Eindämmung der Corona-Pandemie. Jetzt setzt ein Brief des Chaos Comupter Clubs und anderer Netzaktivisten an Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) und Kanzleramtsminister Helge Braun (CDU) den Kessel einmal mehr unter Druck.

Der von der Bundesregierung verfolgte technische Ansatz für eine Corona-App sei „höchst problematisch“, so die Verfasser. Sie fordern die Regierung auf, die ihr vorliegenden Konzepte für eine Corona-App neu zu bewerten.

Entscheidung gegen den Datenschutz?

Das „Handelsblatt“ hatte am Donnerstag unter Beruf auf den digitalpolitischen Sprecher der Unions-Bundestagsfraktion, Tankred Schipanski, berichtet, das Gesundheitsministerium habe sich unter drei möglichen Software-Technologien für PEPP-PT entschieden.

PEPP-PT

Pan-European Privacy-Preserving Proximity Tracing, eine europäische Initiative zur Entwicklung eines Softwaregerüsts für eine Corona-Tracing-App, die einen zentralen Speicheransatz verfolgt.

Erst wenige Tage zuvor geriet die von einer europäischen Initiative entwickelte Technologie unter Beschuss, nachdem sich 300 internationale Wissenschaftler und Forschungsinstitute öffentlich von der Initiative distanziert hatten.

Sie bemängelten fehlende Transparenz sowie ein lückenhaftes Datenschutz-Konzept. Hauptkritikpunkt ist der zentrale Datenspeicherungsansatz, der, so die Befürchtung, eine Zurückverfolgung und De-Anonymisierung von Personen möglich machen könnte.

Zentraler Speicheransatz heftig umstritten

In ihrem Brief fordern die unterzeichnenden netzpolitischen Initiativen, „die Argumente und Vorbehalte vieler Expertinnen und Experten stärker zu berücksichtigen“. Sie plädieren für einen dezentralen Speicheransatz, namentlich für das Konzept DP-3T.

DP-3T

Decentralized Privacy Preserving Proximity Tracing, ein dezentrales Konzept, das zunächst Teil war von PEPP-PT. Eine Entwicklergruppe hatte sich Anfang der Woche dann aber daraus ausgegliedert.

„Andernfalls steht zu befürchten, dass der geringe Datenschutz eines zentralen Ansatzes und das Fehlen technischer Beschränkungen gegen Zweckentfremdung dazu führen werden, das Vertrauen in die Verwendung einer solchen App auszuhöhlen.“

Der Europäische Datenschutzausschuss hat sich am Montag in einer Leitlinie zum Datenschutz bei digitalen Corona-Anwendungen geäußert. Danach sollten die gesammelten Daten ausschließlich auf dem Mobilgerät des Nutzers gespeichert werden – nicht wie der PEPP-PT-Ansatz beabsichtigt, auf einem zentralen Server.

Auf eine dezentrale Speicherung der Daten setzen auch Apple und Google, die Schnittstellen zur Integration von Corona-Apps in das Betriebssystem Android und die iOS-Plattform der iPhones bereitstellen wollen.

Eine Kooperation mit den beiden Marktführern für Smartphone-Betriebssysteme sei eine immanente Bedingung für den Erfolg einer Corona-App, so die Netzinitiativen um den CCC in ihrem Brief.

BMG relativiert Medienberichte

Das Bundesgesundheitsministerium relativierte indes die Berichterstattung im „Handelsblatt“. Man habe „weiterhin auch andere App-Entwicklungen im Blick. Am Ende suchen wir eine europäische Lösung, die so strukturiert sein muss, dass sie den deutschen Datenschutz- und Datensicherheitsstandards entspricht und mit dem deutschen Gesundheitswesen kompatibel ist.“

Nichtsdestotrotz hat das Bundesgesundheitsministerium das Fraunhofer-Institut mit einer Machbarkeitsstudie zur PEPP-PT-Technologie beauftragt, wie das Institut bestätigt.

Die Einrichtung hat nach eigenen Angaben einen eigenen Ansatz für eine deutsche Proximity-Tracing-App entwickelt. Diese soll eine digitale Benachrichtigung von Personen mit dem Risiko einer Ansteckung mit SARS-CoV-2 durch eine räumlich-zeitliche Abstandsmessung mittels Bluetooth-Technologie auf Mobiltelefonen ermöglichen.

„Das konzipierte System gewährleistet, dass bei der Nutzung der App keine Daten erhoben oder verarbeitet werden“, erläutert das Fraunhofer-Institut in einer Mitteilung. (mit Material von dpa)

Lesen sie auch
Ihr Newsletter zum Thema
Das könnte Sie auch interessieren
Ein Roboter, der Akten wälzt? Künstliche Intelligenz kann bereits mit Leitlinien umgehen – jedenfalls wenn sie so gut strukturiert sind wie die der DEGAM.

© Iaroslav / stock.adobe.com

Digitalisierung in der Medizin

Kollegin Dr. ChatGPT? Wie Künstliche Intelligenz Ärzten helfen könnte

Digital und innovativ: Klinikum Siegen überzeugt von Fluency Direct

© Solventum Germany GmbH

Solventum Spracherkennung

Digital und innovativ: Klinikum Siegen überzeugt von Fluency Direct

Anzeige | 3M Healthcare Germany GmbH
Innovationsforum für privatärztliche Medizin

© Tag der privatmedizin

Tag der Privatmedizin 2024

Innovationsforum für privatärztliche Medizin

Kooperation | In Kooperation mit: Tag der Privatmedizin
Eine Sanduhr, durch die Geldstücke fall

© fotomek / stock.adobe.com

Tag der Privatmedizin 2024

Outsourcing: Mehr Zeit für Patienten!

Kooperation | In Kooperation mit: Tag der Privatmedizin
Buch mit sieben Siegeln oder edles Werk? KI-Idee einer in Leder eingebundenen neuen Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ)

© KI-generiert mit ChatGPT 4o

Exklusiv Entwurf unter der Lupe

Das brächte Ihnen die neue GOÄ

Kommentare
Sonderberichte zum Thema
Leitliniengerechte Therapie mit DiGA

© Paolese / stock.adobe.com (Model mit Symbolcharakter)

Neuer Therapieansatz bei erektiler Dysfunktion

Leitliniengerechte Therapie mit DiGA

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Kranus Health GmbH, München
Abb. 1: Zeitaufwand pro Verabreichung von Natalizumab s.c. bzw. i.v.

© Springer Medizin Verlag GmbH, modifiziert nach [9]

Familienplanung und Impfen bei Multipler Sklerose

Sondersituationen in der MS-Therapie

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Biogen GmbH, München
Protest vor dem Bundestag: Die Aktionsgruppe „NichtGenesen“ positionierte im Juli auf dem Gelände vor dem Reichstagsgebäude Rollstühle und machte darauf aufmerksam, dass es in Deutschland über drei Millionen Menschen gebe, dievon einem Post-COVID-Syndrom oder Post-Vac betroffen sind.

© picture alliance / Panama Pictures | Christoph Hardt

Symposium in Berlin

Post-COVID: Das Rätsel für Ärzte und Forscher

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: vfa und Paul-Martini-Stiftung
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Eil-Meldungen: Erhalten Sie die wichtigsten Nachrichten direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Praxisabgabe mit Hindernissen

Warum Kollege Gieseking nicht zum Ruhestand kommt

Lesetipps
Krankenkassen haben zum Jahreswechsel schlechte Botschaften für ihre Mitglieder: die Zusatzbeiträge steigen stark. Die Kritik an versäumten Reformen der Ampel-Koalition ist einhellig.

© Comugnero Silvana / stock.adobe.com

Update

62 Kassen im Beitragssatz-Check

Höhere Zusatzbeiträge: So teuer wird Ihre Krankenkasse 2025

Eine Spritze für eine RSV-Impfung liegt auf dem Tisch.

© picture alliance / Ulrich Baumgarten

Update

Umfrage unter KVen

Erst sechs Impfvereinbarungen zur RSV-Prophylaxe Erwachsener