VERAH im Einsatz

Hausärzte in Bayern sind bereit für selbstbestimmte Telemedizin

Bayerns Hausärzte sind grundsätzlich offen für Telemedizinanwendungen – wenn es dabei nach ihren Vorstellungen läuft.

Von Christina Bauer Veröffentlicht:
Bayerns Hausärzte sind gegen die Videosprechstunde ohne Erstkontakt.

Bayerns Hausärzte sind gegen die Videosprechstunde ohne Erstkontakt.

© Stefano Lunardi/stock.adobe.com

WÜRZBURG. Telemedizin nur per Delegation, Erstattung der Kosten für die Anbindung an die Telematikinfrastruktur und Klarheit beim Datenschutz – beim Bayerischen Hausärztetag in Würzburg formulierten Ärztevertreter ihre Forderungen zur Digitalisierung.

Das taten sie nicht zuletzt mit Blick auf die Landtagswahl im Oktober. Telemedizin könne Hausärzte entlasten, müsse sich aber an ihnen orientieren.

Die Verbandsvertreter sprachen sich für das vom Deutschen Hausärzteverband und TeleArzt entwickelte Modell von TeleArzt und TeleVERAH aus. Dabei werde eine zur "Versorgungsassistentin in der Hausarztpraxis" (VERAH) fortgebildete Mitarbeiterin in Telemedizin geschult. Bei Hausbesuchen könne sie Patienten betreuen, Vitalwerte messen und an die Praxis senden.

Bei Bedarf beziehe sie den Arzt per Tablet direkt ein. "Das halten wir für ein Modell, wo wir sagen können, das hilft der Versorgung, da können wir im Sinne unserer Patienten und unserer Praxis etwas tun", sagte Dr. Markus Beier, erster stellvertretender Verbandsvorsitzender. "Wir wollen das als echtes Hilfsmittel des Hausarztes einsetzen", betonte Verbandschef Dr. Dieter Geis.

Verhandlungen mit Kassen laufen

Daher wollen die Hausärztevertreter das Modell in Bayern nun flächendeckend etablieren, als Teil der Hausarztzentrierten Versorgung (HzV). Verhandlungen mit den Krankenkassen liefen, noch in diesem Jahr sollten entsprechende Vergütungen festgelegt werden.

Der Verband ziele dabei auf eine Kombination von Pauschalen, Besuchsleistungen und Einzelleistungen zur Prävention. In Bayern, Nordrhein und anderen KV-Bezirken haben bisher einige BKK mit der zuständigen GWQ Service Plus AG solche Honorierungen vereinbart.

"In diesem Rucksack ist quasi eine komplette internistische Hausarztpraxis drin", beschrieb Dr. Thomas Aßmann von TeleArzt den Tele-Rucksack. Auf dem Tablet würden die Daten nicht gespeichert, sondern nur über Mobilfunk an die Praxis gesendet. Die Kosten würden in jedem Bundesland einzeln verhandelt, in Thüringen seien es etwa 390 Euro pro Quartal und Rucksack.

Kritisch äußerten sich die Verbandsvertreter dagegen zu Telemedizinangeboten von Privatfirmen und entsprechenden Kooperationen mit Krankenkassen. "Wenn man noch Anbieter, die mit den Praxen nichts zu tun haben, hinzufügt, macht das unsere Praxen nicht besser", sagte Beier.

Zu viele Schnittstellen?

Es gebe im Gesundheitssystem schon zu viele Schnittstellen. Ansätze wie DocDirekt in Baden-Württemberg, Medgate in der Schweiz oder TeleClinic in München seien kritisch zu hinterfragen. Insbesondere sollte der ärztliche Erstkontakt nicht telemedizinisch ersetzt werden – für Letzteres hatte der 121. deutsche Ärztetag in Erfurt im Mai den Weg freigemacht.

Für die gesetzlich vorgeschriebene Anbindung aller Praxen an die Telematikinfrastruktur forderte der Verband eine neue Frist. Der 1. Januar 2019 sei nicht haltbar. Nur einzelne Hersteller böten bisher die erforderlichen Komponenten an. Das stehe der Einhaltung der vorgegebenen Frist durch alle Arztpraxen entgegen, zudem entfalle der erwartete Preisnachlass bei den Komponenten. Die von den Kassen zugesagte Erstattung sei daher zu gering angesetzt. "Wir sitzen auf einem Delta, das in diesem Quartal schon etwa tausend Euro ausmachen wird", sagte Verbandsvertreterin Dr. Petra Reis-Berkowicz.

Die Kassen müssten die gesamten Kosten übernehmen, das sei nachzuverhandeln. Die Anschlussfrist müsse zudem auf Mitte 2019 verschoben werden. Nur dann sei sichergestellt, dass nicht angeschlossenen Praxen nicht ab Jahresbeginn das Honorar gekürzt werde. Zur Friständerung sei bereits ein Schiedsamtstermin angesetzt gewesen, zuletzt aber verschoben worden. Reis-Berkowicz kritisierte zudem, dass über den TI-Konnektor Daten aus Praxen abfließen sollten, ohne dass Ärzte ein Protokoll erhielten.

Datenschutz fordert Praxen heraus

Ebenfalls mehr Klarheit forderte der Verband in Sachen Datenschutzbeauftragte. Diese müssten einige Praxen einsetzen, sobald am 25. Mai die neue EU-Datenschutz-Grundverordnung gelte. Der Justiziar des Deutschen Hausärzteverbandes Dr. Joachim Schütz verwies zur Orientierung auf ein neues Beschlusspapier der Konferenz der Bundes- und Landesdatenschützer, wonach Praxen jemanden als Datenschutzbeauftragten schulen lassen müssten, wenn dort zehn oder mehr Mitarbeiter ständig Daten verarbeiten.

Das betreffe alle Mitarbeiter, etwa Ärzte, Weiterbildungsassistenten oder MFA. Patienten müssten informiert werden, etwa über Merkblätter.

Falls es entsprechend einer aktuellen Ankündigung 2019 stichprobenartige Prüfungen in Praxen gebe, werde es wohl vor allem um grundsätzliche Nachweise gehen. "Halten Sie etwas vor", riet der Justiziar.

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