Corona-Folgen

Die Homeoffice-Herausforderung

Homeoffice – das lieb gewonnene Kind in der Pandemie: Es spart Betroffenen vor allem Zeit, wirft aber auch neue Probleme auf. Was Arbeitnehmer und -geber vom Homeoffice wollen und was sie besser machen können.

Helmut LaschetVon Helmut Laschet Veröffentlicht:
Alles so schön entspannt hier – viele Deutsche würden das Homeoffice auf Dauer dem Büro vorziehen, wie eine Studie ergab.

Alles so schön entspannt hier – viele Deutsche würden das Homeoffice auf Dauer dem Büro vorziehen, wie eine Studie ergab.

© Jürgen Fälchle / stock.adobe.com

Berlin/München. In der Phase des ersten Lockdowns der Covid-19-Pandemie haben viele Betriebe digitale Arbeitsmöglichkeiten – Homeoffice und Videokonferenzen – sprunghaft ausgeweitet. Der Anteil der Beschäftigten, die während der Krise im April/Mai fast täglich oder mehrmals in der Woche im Homeoffice arbeiteten, stieg von 18 auf 39 Prozent.

Das geht aus einer Umfrage des Berliner IGES-Instituts im Auftrag der DAK Gesundheit vor, über die IGES-Geschäftsführer Hans-Dieter Nolting beim digitalen Europäischen Gesundheitskongress berichtete. Online befragt worden waren jeweils über 7000 abhängig Erwerbstätige im Alter zwischen 18 und 65 Jahren in zwei Wellen im Dezember/Januar 2019/20 und im April/Mail 2020.

Danach stufen 16 Prozent der Befragten ihren Arbeitgeber als digitalen Vorreiter ein, der die Digitalisierung schnell und möglichst breit nutzt, weitere 36 Prozent sehen ihr Unternehmen als Durchschnitt, das die Digitalisierung nutzt, wenn sie sich woanders bewährt hat, 28 Prozent werten ihren Betrieb als Nachzügler.

Rote Laterne für das Gesundheitswesen

Im Durchschnitt aller Branchen gaben 57 Prozent aller Befragten an, dass ihre Arbeitgeber digitale Arbeitsmöglichkeiten – Telefon- und Videokonferenzen sowie Homeoffice – sprunghaft ausgeweitet haben. Weit über dem Durchschnitt – 80 bis 72 Prozent – lagen Banken, Versicherungen, IT-Dienstleister, die chemische Industrie, aber auch die öffentliche Verwaltung. Am unteren Ende – 29 bis 35 Prozent – liegen das Gesundheits- und Sozialwesen; Hauptursache dürfte die stark personalisierte Art der Dienstleistung sein.

Signifikant angestiegen sind mit zunehmender Digitalisierung der subjektiv empfundene Nutzen und die Entlastung: von 35 Prozent zur Jahreswende auf 48 Prozent im Frühjahr. Der Anteil derer, die etwa in Homeoffice-Arbeit eine zusätzliche Belastung sehen, ist von sechs auf ein Prozent gesunken.

Einen Einfluss auf ihre Arbeitsproduktivität konnten die Beschäftigten kaum beobachten. Über 80 Prozent derer, die regelmäßig zu Hause arbeiteten, sind sich (ziemlich) sicher, dass sie ihre Aufgaben dort genauso gut erfüllen können wie im Betrieb. Aber drei Vierteln fehlt die direkte Kommunikation mit den Kollegen.

Für die Work-Life-Balance ergibt die Umfrage ein differenziertes Bild: Für fast 46 Prozent fehlt die klare Trennung zwischen Beruf und Privatleben, andererseits können fast 77 Prozent aufgrund von mehr Flexibilität Beruf und Familie besser vereinbaren, vor allem wenn Kinder unter zwölf Jahren zu betreuen sind, bei den übrigen sind es 65 Prozent. Einer der größten Vorteil des Homeoffice (68 Prozent) ist die Zeitersparnis für die Wege zum Arbeitsplatz.

Stressfrei in den eigenen vier Wänden

Auch der Gesundheit könnte die Arbeit zu Hause eher zuträglich sein: Der Anteil der dauernd Gestressten nahm von 21 Prozent in der ersten auf 15 Prozent in der zweiten Befragungswelle ab. Der Anteil derer, die zu keinem Zeitpunkt oder nur selten Stress empfanden, stieg von 48 auf 57 Prozent. Keinen Einfluss hatte die Arbeit zu Hause auf die Schlafqualität.

Aufgrund der Erfahrungen würde eine überwiegende Mehrheit auch in Zukunft gerne mehr die Möglichkeit der Heimarbeit nutzen. Dies trifft insbesondere auch für jene zu, die erst während des Lockdowns erstmals zur Homeoffice-Arbeit verpflichtet wurden: 77 Prozent bei denen, die regelmäßig zu Hause arbeiteten, gut 62 Prozent, die gelegentlich zu Hause am PC saßen.

Damit korrespondierende Ergebnisse zeigt eine Forsa-Umfrage vom November unter 1009 abhängig Beschäftigten in Bayern im Auftrag der DAK Gesundheit. Der Anteil der Heimarbeiter stieg von 33 auf 53 Prozent, der Anteil derer, die nahezu jeden Tag von zu Hause aus arbeiten, von fünf auf 23 Prozent.

Heimarbeiter haben Rücken

Dabei können auch neue gesundheitliche Probleme auftreten: schlechter ausgestattete Arbeitsplätze, die nicht die ergonomische Qualität des Arbeitsplatzes im Betrieb erreichen, können zu Verspannungen und Schmerzen führen; 32 Prozent der Befragten berichten darüber. Aus der Sicht des DAK-Vorstandsvorsitzenden Andreas Storm muss das Schlussfolgerungen für das betriebliche Gesundheitsmanagement haben. Um weitere Erkenntnisse zu gewinnen, will die DAK entstehende Problemlagen in weiteren Umfragen und Studien erheben und analysieren.

Trotz positiver Erfahrungen lehnen drei Viertel der Befragten einen gesetzlichen Rechtsanspruch auf das Homeoffice ab; 70 Prozent plädieren hingegen für branchenspezifische Verträge der Tarifvertragspartner. 53 Prozent sprechen sich für eine steuerliche Förderung aus.

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