Umweltschutz

Innovationen rücken Arzneien im Abwasser auf die Pelle

Im Sinne einer "nachhaltigen Pharmazie" fördert die Deutsche Bundesstiftung Umwelt Projekte, die für weniger Rückstände von Arzneimitteln in Klinik- und anderen Abwässern sorgen sollen. Erfolgversprechende Ansätze gibt es bereits.

Matthias WallenfelsVon Matthias Wallenfels Veröffentlicht:
Auch in Kläranlagen ist der Umgang mit Arzneimittelrückständen eine große Herausforderung.

Auch in Kläranlagen ist der Umgang mit Arzneimittelrückständen eine große Herausforderung.

© darknightsky / fotolia.com

Arzneimittelrückstände können eine große Herausforderung für das Ökosystem darstellen. Das gilt sowohl für die durch den menschlichen Gebrauch im Haushalt sowie in Krankenhäusern in die Abwässer gelangenden Substanzen wie für die Ausscheidungen von Veterinärarznei durch Tiere.

Wie der aktuell publizierte Jahresbericht 2014 der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU) zeigt, gibt es bereits facettenreiche Projekte, um die Rückstände zu minimieren oder gar zu neutralisieren.

Wie die DBU in ihrem Jahresbericht schreibt, sind in mehr als 70 Ländern der Welt im Abwasser, Oberflächen- und Grundwasser mehr als 500 verschiedene Arzneimittel und deren Abbauprodukte gefunden worden - darunter Antibiotika, Hormone, Schmerzmittel, Antidepressiva und blutdrucksenkende Mittel.

"Wir müssen vorsorgend tätig werden, um die hohe Qualität unserer Gewässer und des Trinkwassers zu erhalten. Auch um negative Auswirkungen auf Wasserlebewesen zu vermeiden, sollten wir die wertvolle Ressource Wasser weiter schützen", forderte Generalsekretär Dr. Heinrich Bottermann vor Kurzem in Osnabrück anlässlich der Vorstellung des Jahresberichtes.

Allein in Deutschland über 150 Wirkstoffe detektiert

Auf Deutschland bezogen, seien durch Forschungsprojekte und Untersuchungsprogramme der Länder schon mehr als 150 Wirkstoffe in den verschiedenen Umweltmedien detektiert worden.

In Oberflächengewässern seien sie inzwischen nahezu flächendeckend zu finden. Im Rahmen ihrer Förderinitiative "Nachhaltige Pharmazie" greift die DBU nach eigener Aussage daher vorsorgende Ansätze auf, die die Umweltauswirkungen bei der Entwicklung neuer Wirkstoffe und pharmazeutischer Produkte stärker berücksichtigen.

Exemplarisch für die von der DBU geförderten Ansätze verweist der Jahresbericht auf ein Projekt der Leuphana Universität Lüneburg mit der Zielstellung, am dortigen Institut für Nachhaltige Chemie und Umweltchemie die Entwicklung wirksamer und umweltverträglicher Ciprofloxacin-Varianten zu forcieren. Im Gegensatz zu anderen Antibiotika, etwa den Penicillinen, sei Ciprofloxacin nicht leicht hydrolisierbar und sehr stabil.

Es lasse sich im Abwasser von Krankenhäusern und Kläranlagen, in Oberflächengewässern sowie in Gülle und in güllebehandelten Böden wiederfinden.

 Im Zuge des Projekts werde zunächst die bestehende Wirksubstanz analysiert und mithilfe von Computermodellen vielfach verändert. Die entstandenen Varianten würden in theoretischen Rechenmodellen auf verbesserte biologische Abbaubarkeit und geringere toxikologische Effekte geprüft und dann die aussichtsreichsten Wirkstoffmoleküle synthetisch hergestellt und weiter untersucht.

Die sich daraus ergebenden geeigneten Moleküle sollen in der Folge in vitro getestet werden. Bei diesen Tests könne geprüft werden, ob sie pharmakologisch ausreichend aktiv sind und somit Wirkung gegenüber pathogenen respektive resistenten Keimen zeigen.

Keramische Membranen gegen Mikroschadstoffe

Für die Abwasserreinigung stellen Krankenhausabwässer ein besonderes Problem dar, da sie Arzneimittelrückstände und andere Mikroschadstoffe in weit höheren - bis zu 1000-fachen - Konzentrationen enthalten als häusliche Abwässer.

Daher gilt laut DBU eine dezentrale Behandlung von Krankenhausabwässern durch innovative technische Verfahren als sinnvoll.

In einem Forschungsprojekt des Fraunhofer Instituts für Keramische Technologien und Systeme (IKTS), Dresden, und der AWAS GmbH, Dresden, sei es gelungen, mit einer Verfahrenskombination aus Aktivkohleadsorption und Membranfiltration eine sehr erfolgreiche technische Lösung zu entwickeln.

Dabei würden keramische Membranen mit Kohlenstoff als adsorptiv wirksamer Filtrationsschicht imprägniert.

Es sei gelungen, das Antiepileptikum Carbamazepin bis zu Konzentrationen von mehreren Milligramm pro Liter sicher zurückzuhalten. Da die in der Praxis im Abwasser auftretenden Konzentrationen im Nanogrammbereich lägen, sei eine lange Standzeit des Membranadsorbers zu erwarten.

Auch die Desinfektionsleistung des neuen Systems sei bestätigt worden: Die Keimbelastung, gemessen als koloniebildende Einheiten an coliformen Bakterien (KBE), sei auf 0 KBE/100 mg reduziert worden.

Am Ende des Lebenszyklus könne die Aktivkohle ausgebrannt und neu aufgebracht werdend, während sich der Membranträger recyceln lasse.

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