BGH

Kein Schadenersatz bei Abbruch einer Mutter-Kind-Kur

Der Bundesgerichtshof gesteht Patienten zu, Kuren jederzeit zu kündigen. Kurkliniken haben in solchen Fällen immer das Nachsehen – auch wenn ihre Gäste anderslautende AGB unterschrieben haben.

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Karlsruhe. Kliniken können für den vorzeitigen Abbruch einer Mutter-Kind-Kur keinen Schadenersatz verlangen. Denn bei einem zwischen Klinik und Kurgast geschlossenen Behandlungsvertrag sieht das Gesetz ein jederzeitiges Kündigungsrecht des Patienten vor, urteilte jetzt der Bundesgerichtshof.

Im konkreten Fall trat eine Mutter mit ihren vier minderjährigen Kindern am 28. Februar 2018 eine dreiwöchige Mutter-Kind-Kur in einer Klinik der gemeinnützigen „Kur und Reha GmbH“ des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes an. Ihre Krankenkasse hatte die Kur zuvor auch bewilligt.

Auch die Kurklinik freute sich über die Kurgäste und übersandte der Mutter ein Einladungsschreiben mitsamt den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) der Einrichtung. Diese sahen allerdings bei einer vorzeitigen Abreise ohne medizinisch nachgewiesene Notwendigkeit Schadenersatzzahlungen vor.

Klinik forderte 3000 Euro

Für jeden vorzeitig abgereisten Tag sollte die Patientin dann 80 Prozent des Tagessatzes berappen. Dies hatte die Mutter auch per Unterschrift so bestätigt. Es bleibe der Patientin unbenommen, zu belegen, so die Kurklinik in ihren AGB, dass kein oder nur ein geringerer Schaden entstanden sei. Lediglich beim gesetzlichen Recht auf Kündigung „aus wichtigem Grund“ sollte kein Schadenersatz fällig werden.

Als die Frau dann aber tatsächlich bereits nach zehn Tagen die Mutter-Kind-Kur vorzeitig beendete, hielt der Klinikbetreiber die Hand auf. Er verlangte für die nicht angetretenen Kurtage 3011 Euro Schadenersatz. Die Gründe für den Abbruch blieben zwischen Mutter und Kurklinik strittig.

Doch der Bundesgerichtshof urteilte nun ebenso wie die Vorinstanzen, dass der Kurklinik-Betreiber keinen Anspruch auf Schadenersatz für jeden vorzeitig abgereisten Tag hat. Die entsprechende Vertragsklausel in den Geschäftsbedingungen der Klinik sei unwirksam. Die Klinik könne nur eine Vergütung für den tatsächlichen Aufenthalt der Patientin und ihrer vier Kinder verlangen.

„Dienst höherer Art“

Die Karlsruher Richter verwiesen darauf, dass es sich bei dem Behandlungsvertrag zwischen Klinik und Patientin um einen auf Vertrauen basierenden „Dienst höher Art“ handele. Laut Bürgerlichem Gesetzbuch besteht bei solch einem „besonderen Dienstverhältnis“ ein „jederzeitiges Kündigungsrecht“.

Hier sei die Schadenersatzklausel der Kurklinik „mit den wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung – dem ‚freien‘ und sanktionslosen Kündigungsrecht bei Diensten höherer Art, die auf besonderem Vertrauen beruhen – nicht zu vereinbaren“, so der III BGH-Senat. Dieses jederzeitige Kündigungsrecht dürfe auch nicht auf Kündigungen aus „wichtigem Grund“ eingeschränkt werden. (fl)

Bundesgerichtshof, AZ: III ZR 80/20

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