Verhandlungen geplatzt
Kinderrechte kommen vorerst nicht ins Grundgesetz
Die Belange von Kindern werden in der Verfassung nun doch nicht verankert. Die Verhandlungen dazu seien gescheitert, teilte Justiz- und Familienministerin Christine Lambrecht mit.
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Bis die Kinderrechte im Grundgesetz verankert sind, ist sie wahrscheinlich schon groß.
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Berlin. Die Rechte von Kindern finden vorerst keinen Platz im Grundgesetz. Bundesjustiz- und Familienministerin Christine Lambrecht (SPD) gab am Montagabend das Scheitern der abschließenden Verhandlungen mit den Fraktionen des Bundestags bekannt.
Für eine Verankerung der Kinderrechte im Grundgesetz ist eine Zweidrittelmehrheit sowohl im Bundestag als auch im Bundesrat erforderlich. Die Koalition hatte zuletzt hart um einen Kompromiss gerungen. Noch im Januar hatten Lambrecht und die frühere Familienministerin Franziska Giffey (SPD) einen Kompromiss vermeldet.
Ärzte hatten das Ansinnen, die Belange von Kindern im Grundgesetz explizit herauszustreichen, grundsätzlich begrüßt, sich an „der einen oder anderen Stelle aber mehr Deutlichkeit gewünscht“, hatte der Präsident des Berufsverbands der Kinder- und Jugendärzte Deutschlands, Dr. Thomas Fischbach, erklärt. So fehle der Hinweis der Förderung von Kindern. Deren Interessen „achten“ und „schützen“ zu wollen, reiche nicht.
„Fehlender Wille zum Kompromiss“
Nun ist das Vorhaben zunächst einmal komplett vom Tisch. „Als Bundesjustiz- und Bundesfamilienministerin und auch persönlich bin ich zutiefst enttäuscht darüber, dass die Verankerung der Kinderrechte im Grundgesetz für diese Legislaturperiode gescheitert ist“, sagte Lambrecht.
Verantwortlich dafür machte sie Union und Opposition. Dort habe es am Willen zur Einigung und zum Kompromiss in der Sache gefehlt. „Dies ist besonders schade, weil wir kurz vor einer Einigung standen und diese Gelegenheit so schnell nicht wiederkommen wird“, betonte Lambrecht. Kinder seien besonders schutzbedürftig. Die Corona-Pandemie habe dies noch einmal besonders eindrücklich vor Augen geführt.
Grüne: „Kosmetischer Vorschlag“
Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt wies den Vorwurf Lambrechts prompt zurück. „Kinderrechte gehören ins Grundgesetz, damit Kindeswohl und Interessen bei staatlichen Entscheidungen endlich maßgeblich berücksichtigt werden“, sagte Göring-Eckardt am Dienstag in Berlin. Die Koalition habe aber einen „kosmetischen Vorschlag“ auf den Tisch gelegt, der sogar hinter die geltende Rechtslage wie auch die Vorgaben der UN-Kinderrechtskonvention zurückgehe.
Dass Kinder „nach extrem schweren Monaten der Pandemie“ immer noch nicht im Mittelpunkt der Politik stünden, sei „ein Armutszeugnis für die Koalition“, sagte Göring-Eckardt.
Das Aktionsbündnis Kinderrechte nannte das Scheitern der Verhandlungen einen „herben Dämpfer für die Kinder, Jugendlichen und Familien unseres Landes, die in den vergangenen Monaten ohnehin schon wenig Unterstützung erfahren haben“.
Die Pandemie habe gezeigt, dass Kinderrechte bisher zu häufig übergangen würden, erklärte das Bündnis am Dienstag in Berlin. Dem Aktionsbündnis gehören das Deutsche Kinderhilfswerk, der Kinderschutzbund, Unicef Deutschland und die Deutsche Liga für das Kind an. (hom)