Stellenbesetzung
Kliniken suchen oft unprofessionell
Fachkräftemangel hausgemacht? Ein Personalberater ist der Ansicht, dass Kliniken in Stellenanzeigen und Vorstellungsgesprächen nicht selten vermeidbare Fehler machen.
Veröffentlicht:KIEL. Ärzte werden in vielen Regionen gesucht – sektorenunabhängig, in fast allen Fächern und von vielen Trägern. Wer gezielt einen neuen Arbeitgeber sucht, kann sich derzeit die Stellen fast aussuchen. Dennoch haben Krankenhäuser auf diese Entwicklung bislang kaum reagiert, beobachtet Olaf Richter.
Der in Kiel tätige Personalberater spricht von einer "Jobkrise", in der insbesondere Kliniken gravierende Fehler machen. Einer der beliebtesten: Krankenhausträger malen die Zukunft ihres Hauses in schillernden Farben – die Wirklichkeit sieht häufig anders aus. In der Folge mache sich Enttäuschung bei den neuen Mitarbeitern breit, die schlimmstenfalls zu Motivationsverlust oder Kündigung führt. "Bewerber und Arbeitgeber sollten unbedingt bei der Wahrheit bleiben. Zum Teil werden neue Ärzte mit Versprechungen wie Investitionen in ihre Abteilung gelockt, die nicht einzuhalten sind", so Richter im Gespräch mit der "Ärzte Zeitung".
Richter nennt als Beispiele für solche falschen Versprechungen etwa die Ankündigung des Arbeitgebers, bestimmte Geräte anschaffen zu wollen, die bauliche Ausstattung einer Station zu verbessern oder die Zusammensetzung des Mitarbeiterteams zu optimieren. Zudem hat der Personalberater mehrfach beobachtet, dass Kliniken die Neubesetzung von Stellen nicht mit dem notwendigen Nachdruck verfolgen, sondern schleifen lassen. "Zum Teil bleiben ärztliche Positionen über ein ganzes Jahr unbesetzt." Damit fehle eine wichtige Arbeitskraft, deren Tätigkeit vom Team zusätzlich erledigt werden muss. Konsequenz: Arbeitsverdichtung, Erschöpfung, Demotivation, erhöhter Krankenstand. Zwar spart die Klinik ein Gehalt. Für Richter ist das aber kein Argument, denn: "Am meisten würde das Krankenhaus sparen, wenn es gar kein Personal beschäftigt."
Dritter entscheidender Fehler: Kliniken warten auf Bewerbungen. Die kommen aber insbesondere von Ärzten immer seltener initiativ ins Haus und auf Stellenausschreibungen melden sich ebenfalls deutlich weniger Ärzte als früher. Richter: "Ärzte sind zu sehr mit ihrem Arbeitsalltag beschäftigt, als dass sie sich derzeit in breiter Masse für Alternativen interessieren und sich aktiv umschauen. Viele Krankenhäuser haben auf diese Entwicklung noch nicht reagiert".
Die Sichtung der noch eingehenden Bewerbungen bleibe Personalabteilungen überlassen, die rein nach schriftlichen Kriterien und anhand des Ausschreibungsprofils der Stellenanzeigen filtern. Richter hält es für vielversprechender, über persönliche Gespräche herauszufinden, welcher Kandidat zu welcher Tätigkeit passt. Er selbst habe damit gute Erfahrungen gesammelt und etwa einen 62-Jährigen auf eine leitende Krankenhausposition vermittelt, die der Arbeitgeber eigentlich mit einem jüngeren besetzen wollte.
Seiner Erfahrung nach spielt bei der ärztlichen Suche nach einer neuen Arbeitsstelle Geld zwar auch eine Rolle – aber oft nicht die entscheidende. Berufliche Ziele zu verwirklichen, sei für viele Ärzten genauso wichtig. Eine deutlich geringere Rolle als von vielen Trägern angenommen spielten für Bewerber dagegen Klinik-Rankings. Stellensuchende Ärzte würden nach den Bedingungen für ihren persönlichen Arbeitsalltag entscheiden, nicht nach entscheiden nicht nach Klinik-Ranglisten.