Ermittlungen

Klinikum Bayreuth auf fatalem Sparkurs?

Organisationsmängel, Personalengpässe, falsche Behandlung von Neugeborenen: Die Liste der Vorwürfe gegen das Klinikum Bayreuth ist lang. Ein Grund scheint der rigide Sparkurs gewesen zu sein. Jetzt ermittelt die Staatsanwaltschaft.

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Das Klinikum Bayreuth mit knapp 1100 Betten , ist das einzige Krankenhaus der Maximalversorgung in Oberfranken.

Das Klinikum Bayreuth mit knapp 1100 Betten , ist das einzige Krankenhaus der Maximalversorgung in Oberfranken.

© Elmar Hartman/dpa

MÜNCHEN. Das Klinikum Bayreuth steckt in der Krise: Weil der Verdacht besteht, dass zwischen 2008 und 2011 mindestens vier Neugeborene falsch behandelt worden sein sollen und deshalb ein Kind gestorben und drei Kinder dauerhafte Schäden davongetragen haben sollen, hat die Kriminalpolizei am Mittwoch im Klinikum Unterlagen sichergestellt.

Die Polizeiaktion, die Teil eines Ermittlungsverfahrens der Staatsanwaltschaft Bayreuth wegen des Verdachts der Körperverletzung gegen Verantwortliche des Klinikums ist, ist der vorläufige Höhepunkt einer Entwicklung, die durch einen Bericht des Nachrichtenmagazins "Der Spiegel" für Aufsehen gesorgt hatte.

Dem Bericht zufolge werde im Klinikum massiv gespart, sodass es zu einer Überlastung des Personals und immer wieder zu Behandlungsfehlern komme. Für Organisationsmängel und personelle Fehlentscheidungen trage in erster Linie der Geschäftsführer des Klinikums Roland Ranftl die Verantwortung.

Außerdem soll es Behandlungen gegeben haben, die medizinisch nicht notwendig waren, die aber im DRG-System besser vergütet werden. Ärzte und Pflegekräfte sollen wiederholt auf teilweise chaotische Verhältnisse hingewiesen haben.

Gewerbeaufsichtsamt hat zwei Operationssäle beanstandet

Am Mittwochnachmittag war deshalb der Aufsichtsrat der Klinikum Bayreuth GmbH zusammengekommen. An der Sitzung nahmen neben den Aufsichtsräten und der Klinikleitung auch Chefärzte und der Betriebsrat teil. Das Treffen endete ergebnislos, alle Teilnehmer mussten sich schriftlich verpflichten, Stillschweigen zu wahren.

Am 12. August will der Aufsichtsrat erneut tagen und gegebenenfalls "konkrete Konsequenzen" beschließen, teilte das Klinikum am Donnerstag mit.

Im Aufsichtsrat seien die wirtschaftlichen Zwänge immer wieder Gegenstand von Diskussionen zwischen Geschäftsführung und Betriebsrat gewesen, hatte Bayreuths Oberbürgermeisterin und stellvertretende Aufsichtsratsvorsitzende Brigitte Merk-Erbe erklärt. Die Vorwürfe seien schwerwiegend und dürften "keinesfalls auf die leichte Schulter genommen werden", so Merk-Erbe.

Bereits im Juni hatte das Gewerbeaufsichtsamt zwei Op-Säle beanstandet. Veraltete Hygienemaßnahmen sollen dazu geführt haben, dass Patienten vom OP-Tisch gefallen sind, hieß es. Wenn es solche Beanstandungen gab, müssten diese sofort beseitigt und finanzielle Überlegungen zurückgestellt werden, sagte Merk-Erbe.

Unterdessen teilte die Bayerische Ärztekammer (BLÄK) mit, sie beobachte "mit großer Sorge" die Entwicklung an den Kliniken im Freistaat.

"Die Personaldecke ist mittlerweile sowohl im ärztlichen als auch im pflegerischen Bereich dünn geworden", sagte BLÄK-Präsident Dr. Max Kaplan. Es gebe zunehmende Personalprobleme, weil offene Stellen nicht mehr besetzt werden, was vor allem in großen Krankenhäusern zu einer "enormen Arbeitsverdichtung" führe, so Kaplan. (sto)

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