Urteil

Krankenkasse muss Kosmetikerin bezahlen

Transsexuelle dürfen auf Kosten der Kasse auch eine Kosmetikerin in Anspruch nehmen, wenn keine zeitnahe ärztliche Bartentfernung möglich ist. Das hat das Sozialgericht Berlin entschieden.

Martin WortmannVon Martin Wortmann Veröffentlicht:

BERLIN. Mann-zu-Frau-Transsexuelle müssen sich nicht Jahrzehnte gedulden, bis Ärzte ihren männlichen Bartwuchs entfernt haben. Können die Krankenkasse und auch die Kassenärztliche Vereinigung keine Praxis benennen, die die Behandlung zeitnah und zügig durchführt, dürfen Betroffene hierfür auch eine Kosmetikerin in Anspruch nehmen, wie jetzt das Sozialgericht (SG) Berlin entschied.

Im Streitfall hatte die Krankenkasse die Kosten einer geschlechtsangleichenden Operation übernommen. Die männlichen Haare könnten dann durch einen niedergelassenen Arzt entfernt werden, etwa in der Praxis B. Diese Praxis teilte der Transsexuellen allerdings mit, dass die Elektrokoagulation nur für höchstens fünf Minuten pro Woche durchgeführt werde.

Die noch bärtige Transsexuelle rechnete hoch, dass die Haarentfernung damit insgesamt 60 Jahre dauern würde. Das empfand sie als unzumutbar. Zudem hatte eine in der vorgeschlagenen Praxis behandelte Freundin Narben zurückbehalten.

Daher suchte sie eine Kosmetikerin auf und reichte die Rechnung in Höhe von 2628 Euro an ihre Krankenkasse weiter. Die muss nun auch bezahlen, wie das SG Berlin in seinem bereits rechtskräftigen Urteil vom 15. März 2016 entschied, das vergangene Woche veröffentlicht wurde.

Unbestritten habe die Transsexuelle Anspruch auf die Behandlung. Denn ihr äußeres Erscheinungsbild müsse dem empfundenen Geschlecht "deutlich angenähert" sein. Ein Gesichtsbart stehe einem weiblichen Erscheinungsbild aber entgegen.

Auch habe die Frau eine Kosmetikerin aufsuchen und sich dort behandeln lassen dürfen. Denn auch dem Gericht hätten weder die Krankenkasse noch die KV eine Praxis benennen können, die die Behandlung in einem angemessenen Zeitrahmen durchgeführt hätte. Zudem gehe auch der Spitzenverband der gesetzlichen Krankenkassen davon aus, dass Kosmetiker die Haarentfernung gleichwertig vornehmen könnten.

Sozialgericht Berlin

Az.: S 51 KR 2136/13

Schlagworte:
Ihr Newsletter zum Thema
Mehr zum Thema

Porträt

Felix Michl: Unternehmer, Jurist und Medizinstudent

Kommentare
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Eil-Meldungen: Erhalten Sie die wichtigsten Nachrichten direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Gemeinsamer Kassensitz

Aus eins mach zwei: So gelingt Jobsharing in der Praxis

Zehn-Jahres-Ergebnisse der OMEX-Studie

Studie: Patienten mit Meniskusriss wohl besser nicht operieren

Lesetipps
Arzt injiziert einem älteren männlichen Patienten in der Klinik eine Influenza-Impfung.

© InsideCreativeHouse / stock.adobe.com

Verbesserter Herzschutz

Influenza-Impfraten erhöhen: So geht’s!