Was Kollegen sagen

Lob und Kritik für Physiotherapeutin

Der Fall einer Bremer Physiotherapeutin, die anstatt Krankengymnastik osteopathische Behandlungen durchgeführt haben soll und wegen Abrechnungsbetrug angezeigt wurde, hat bei Lesern der "Ärzte Zeitung" unterschiedliche Reaktionen hervorgerufen.

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Physiotherapeuten, die Osteopathie anstatt Krankengymnastik abrechnen, können ins Visier der Staatsanwaltschaft kommen.

Physiotherapeuten, die Osteopathie anstatt Krankengymnastik abrechnen, können ins Visier der Staatsanwaltschaft kommen.

© Kzenon / fotolia.com

BREMEN (eb). Der Fall von Abrechnungsbetrug in Bremen, in dem nicht nur eine Physiotherapeutin im Visier der Staatsanwaltschaft steht, sondern auch 650 Patienten, hat viele Leser der "Ärzte Zeitung" beschäftigt.

Die Reaktionen sind sehr verschieden: Einige Leser sind der Meinung, dass solche "schwarzen Schafe" dringend bestraft gehörten. Andere vertreten die Ansicht, dass auf "die Falschen geschossen wird".

Im konkreten Fall soll eine Physiotherapeutin statt der von den Ärzten verordneten Krankengymnastik osteopathische Behandlungen durchgeführt haben. Diese gibt es allerdings nicht auf Kasse.

Die Bremer Prüfgruppe für Abrechnungsmanipulation machte im Dezember 2010 den Fall bekannt. Nach Angaben der Prüfgruppe soll die Therapeutin die verordnete Krankengymnastik im Verhältnis 2 : 1 in osteopathische Behandlungen umgerechnet haben.

Dadurch soll nach Angaben der Prüfer ein Schaden von rund 190.000 Euro entsanden sein. Strafanzeige wurde nicht nur gegen die Physiotherapeutin gestellt, sondern auch gegen etwa 650 Patienten - wegen Beihilfe zum Betrug.

Der Bremer Gesundheitsökonom Professor Gerd Glaeske sagte im "Weser Kurier" zu diesem Fall: "Ärzte sollten exakt beschreiben, was die Physiotherapeuten leisten sollen."

Unbestimmte Rezepte seien ein Einfallstor für beliebige Behandlungsformen. Sie hätten dann "leichtes Spiel", die Patienten von einer bestimmten Therapie zu überzeugen.

Lesen Sie dazu auch: Abrechnungsbetrug: Patienten im Visier der Staatsanwälte

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Kommentare
Dr. Thomas Georg Schätzler 03.06.201120:04 Uhr

Da bleibt mir glatt die Spucke weg!

Da versucht der im ‚Weser-Kurier‘ gar als „Medizinforscher“ titulierte Bremer Ökonomieprofessor Gerd Glaeske uns Ärztinnen und Ärzten die Welt der Heil- und Hilfsmittelverordnungen zu erklären.

Der Anlass dazu ist eher juristisch relevant (wovon der Ökonom auch nichts versteht): Einer Bremer Physiotherapeutin wird von der Staatsanwaltschaft vorgeworfen, bei rund 650 Patienten (!) mit ärztlicher Physiotherapieverordnung (z. B. Krankengymnastik KG) die lt. Gemeinsamem Bundesausschuss (G-BA) in der GKV n i c h t erstattungsfähige alternative Osteopathie-Behandlung (OPB) durchgeführt zu haben. Gleichwohl hat sie aber die anerkannten Therapieverfahren abgerechnet, o h n e sie realiter je angewandt zu haben. Hunderte von Patienten haben einen Anhörungsbogen der Kripo erhalten, weil von Amts wegen nicht nur wegen eines möglichen Betrugsdeliktes bei der Beschuldigten ermittelt, sondern auch mögliche Duldung/Mitwirkung der Patienten (Beihilfe zum Betrug) bei diesen Delikten eruiert werden müssen. Außerdem soll damit auch möglicherweise Entlastendes wie therapeutische Erfolge und Umsetzung der Physiotherapie-Richtlinien erforscht werden. Die Bremer GKV-Prüfgruppe spricht über eine Schadenssumme von 190.000 €, da die KG-Verordnungen im Verhältnis 2:1 auf die OPB umgerechnet wurden.

Jetzt kommt der eigentliche „Glaeske-Coup“: Wer ist, glauben Sie, an dem möglichen Abrechnungsbetrug bei der Physiotherapeutin schuld?
a) Die Musikergruppe „Die Ärzte“, weil sie laute Musik macht, die zu Muskelverspannungen mit passagerer Taubheit führt?
b) Die Patientinnen und Patienten, welche die 2:1 Regel verwunderte?
c) Die Physiotherapeutin, weil Sie e n t g e g e n den Verordnungen alternativ Osteopathie betrieb?
d) Die verordnenden Ärztinnen und Ärzte?

H e r z l i c h e n G l ü c k w u n s c h, Sie haben mit Antwort D gewonnen, ohne Ihren Telefonjoker, den Gesundheitsökonom Professor Dr. Gerd Glaeske, anrufen zu müssen. Dieser hatte nämlich im Weser Kurier bereits am 20.5.2011 ausgeführt, wie nach seinem Weltbild ärztliche Verordnungen von Physiotherapie abzulaufen haben: "Ärzte sollten exakt beschreiben, was die Physiotherapeuten leisten sollen", meint der Professor am Bremer Zentrum für Sozialpolitik. Blieben die Rezepte unbestimmt, würde die Behandlungsform beliebig. Physiotherapeuten hätten dann "leichtes Spiel", ihre Kunden von einer Therapie zu überzeugen".

Glaeske hat vermutlich nie Heilmittel-Vordrucke HMV 13 (Physiotherapie, podol. Therapie), HMV 18 (Ergotherapie) und HMV 14 (Stimm-, Sprech-, und Sprachtherapie) gesehen und ausgefüllt. Sonst wüsste er, das klar definierte Heilmittelanwendungen, Diagnosen, Leitsymptome, Befunde, spezifizierte Therapieziele und ggf. besondere medizinische Begründungen für Mehrbedarf vom Arzt angegeben werden müssen.

Für die Bremer Staatsanwaltschaft gelten die gesetzlichen Regelungen. Abgerechnet wird nur, was im Katalog steht. "Das ist auch ein Schutz für Patienten vor unlauteren Methoden", erläutert Christiane Sudeck, Pressesprecherin der GKV-Prüfgruppe Bremen. Diese Gruppe versucht, für die Gesetzliche Krankenversicherung Fehlabrechnungen bis hin zum Abrechnungsbetrug zu ermitteln. Handauflegen und Behandlung mit warmen Steinen könnten ja angenehm sein, sagt sie, doch fehle für viele dieser alternativen Methoden der Nachweis ihrer Wirksamkeit. Dazu zählen für sie auch osteopathische Behandlungen. Quelle:
http://www.weser-kurier.de/Artikel/Bremen/Vermischtes/380583/650-Patienten-unter-Betrugsverdacht.html
Der Weser Kurier zitiert auch noch einen Physiotherapie-Ausbildungsleiter, demzufolge ein bisschen Osteopathie doch auch in der Krankengymnastik und der Manuellen Therapie stecken würden.

Sollen wir Ärzte vielleicht sagen, ein wenig Masern/Mumps/Röteln stecke auch in jeder Grippeimpfung, so dass es ......egal wäre, welches „Zeug“ wir da gerade verimpfen?

Mf+kG, Dr. med. Thomas G. Schätzler, FAfAM Dortmund



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