Kontaktnachverfolgung

Luca-App: Datenschützer contra Chaos Computer Club

Die Debatte um die Datensicherheit in der Luca-App geht weiter. Der Chaos Computer Club verstärkt seine Kritik, ein Landesdatenschützer signalisiert Pragmatismus.

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Restaurant-Gast registriert sich mit der Luca-App und spart dadurch die Anmeldung auf Papier. Die Anwendung ist nach wie vor umstritten.

Restaurant-Gast registriert sich mit der Luca-App und spart dadurch die Anmeldung auf Papier. Die Anwendung ist nach wie vor umstritten.

© Axel Heimken / dpa

Wiesbaden/Berlin. Der hessische Datenschutzbeauftragte Alexander Roßnagel empfiehlt, die Luca-App zur Kontaktnachverfolgung in der Corona-Pandemie zu installieren. Obwohl die App aus Sicht des Datenschützers noch nicht perfekt sei, erfülle sie ihren Zweck, sagte er in einem dpa-Interview in Wiesbaden. „Die App liefert grundsätzlich ein sinnvolles Konzept. Es ist von Anfang an mit Datenschutzblick auf die App gearbeitet worden.“

Daher schlägt Roßnagel einen pragmatischeren Umgang mit der Luca-App vor. Seiner Meinung nach sei es wichtig, ein solches digitales Produkt zur Nachverfolgung von Kontakten erst einmal auf den Markt zu bringen. „Später erkannte Probleme rund um den Datenschutz kann man auch nachträglich korrigieren.“

Mit der Luca-App könne in vielen Fällen auf das handschriftliche Ausfüllen von Zetteln verzichtet werden, wie es bis vor Kurzem überall üblich war, erklärte der Experte. Diese Zettel seien datenschutzrechtlich teils bedenklich gewesen – etwa wenn sich ein Restaurant-Mitarbeiter nach Dienstschluss die Handynummer von einer netten Besucherin hätte raussuchen und diese hätte anrufen können. So etwas sei bei der App nicht mehr möglich, sagte Roßnagel.

Datenschützer wollen früher gefragt werden

Generell empfiehlt Roßnagel bei der Entwicklung solcher Apps, den Datenschutz von Beginn an miteinzubeziehen. „In der Regel verursacht das keinen zusätzlichen Aufwand oder weitere Kosten bei der Realisierung solcher Projekte“, erläuterte der Datenschützer. Nachbesserungen seien deutlich zeit- und kostenintensiver.

Am Wochenende hat derweil der Chaos Computer Club (CCC) seine Kritik an der Luca-App erneuert. Linus Neumann vom CCC kritisiert gegenüber dem Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“, „dass die Restaurantbesucher eigentlich keine Wahl haben“. Mit über 20 Millionen Euro finanzieller Unterstützung durch den Staat und der App-Anordnung in der Corona-Schutzverordnung sei die Luca-App de facto ein Zwang. Zudem hätten die Entwickler die Schwachstellen immer wieder geleugnet und „zum Teil ehrverletzende Behauptungen“ über die Sicherheitsforscher verbreitet, so der CCC-Sprecher weiter.

Mehr als 20 Millionen Downloads

Luca-Chef Patrick Hennig widersprach am Wochenende. Seiner Meinung nach müssen Lokalbesucher nicht zwingend die App verwenden, auch die Verwendung von Zetteln sei weiterhin möglich.

Über die Luca-App, die mittlerweile mehr als 20 Millionen Mal heruntergeladen worden ist, wie Ende Juni bekannt wurde, können sich Nutzer bei einem Besuch etwa im Café oder in einem Laden anmelden, indem sie einen QR-Code mit dem Smartphone scannen. Beim Verlassen checken sie wieder aus. Sollte zur gleichen Zeit eine corona-infizierte Person in der Nähe gewesen sein, werden diese Informationen nach entsprechender Freigabe an das zuständige Gesundheitsamt übermittelt. Die Nutzung der App ist freiwillig und kostenlos, mehr als 300 Gesundheitsämter in Deutschland sollen mit der App verbunden sein, wie der „Spiegel“ am Wochenende berichtete. (dpa/eb)

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