EU-Medizinprodukteverordnung
MedTech mahnt Allianz gegen Engpässe an
Der Bundesverband Medizintechnologie bewertet Spahns Medizinprodukte-Anpassungsgesetz positiv. Um Versorgungslücken entgegenzuwirken, brauche es aber mehr.
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Engpässe drohen unter anderem bei chirurgischem Besteck.
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BERLIN. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) will die Überwachung von Medizinprodukten künftig in die Hand von Bundesoberbehörden legen, damit sie, so Spahn, „für die Patienten sicher und kein Risiko für sie sind“. Ende August legte sein Ministerium einen entsprechenden Referentenentwurf für ein Medizinprodukte-Anpassungsgesetz-EU (MPAnpG-EU) zur Abstimmung vor.
Jetzt hat sich der Bundesverband Medizintechnologie (BVMed) zu dem Entwurf geäußert. Er bewertet den Referentenentwurf „grundsätzlich positiv und unterstützt insbesondere die Beibehaltung bewährter nationaler Vorschriften“. Dennoch sei gut, „dass nun endlich auch auf europäischer Ebene Bewegung in die Diskussion um die EU-Medizinprodukte-Verordnung kommt. Es muss sichergestellt werden, dass durch ein funktionierendes Regelwerk alle Produkte zeitgerecht zertifiziert sein können“, bezieht BVMed-Geschäftsführer Dr. Marc-Pierre Möll Stellung.
Kritik an Rezertifizierungs-Prozess
Hintergrund ist die Sorge um Versorgungsengpässe mit Medizinprodukten, die mit Inkrafttreten der europäischen Medizinprodukte-Verordnung (MDR) zum 26. Mai 2020, so Spahn bereits Mitte Juli, „nicht ausgeschlossen“ sind. Bis zu diesem Stichtag müssen sich die für die Marktzulassung von Medizinprodukten in Europa verantwortlichen „Benannten Stellen“ nach neuem Recht rezertifizieren lassen.
Ein langwieriger Prozess, der stockt: Bis dato haben von den in Frage kommenden 58 Benannten Stellen erst vier die Rezertifizierung bestanden, eine davon im vom Brexit bedrohten Vereinigten Königreich.
„Die Neubenennung und Notifizierung verläuft nach wie vor schleppend. Für die Erfüllung der MDR-Anforderungen müssen dringend mehr Benannte Stellen mit ausreichenden personellen Ressourcen für alle Medizinprodukte-Klassen zur Verfügung stehen“, fordert Möll. Engpässe drohen vor allem bei künftig höher klassifizierten Produkten wie Software und arzneimittelähnlichen Medizinprodukten (Risikogruppe I) oder bei wiederverwendbaren chirurgischen Instrumenten (Risikogruppe Ir). Für diese Produkte gelten, anders als für andere Risikogruppen, keine Übergangsfristen. Sie müssen ab dem 26. Mai 2020 durch die rezertifizierten Benannten Stellen zugelassen werden.
Leitlinien gefordert
Die im MPAnpG-EU vorgesehene Regelung, den beiden Bundesoberbehörden – dem Bundesinstitut für Arzneimittelsicherheit und dem Paul-Ehrlich-Institut – bei der Marktüberwachung von Medizinprodukten eigene Vollstreckungsbefugnisse zu geben, ist aus BVMed-Sicht nachvollziehbar, muss aber noch auf ihre Praktikabilität geprüft werden.
Der BVMed fordert außerdem Leitlinien und Positionspapiere für eine europaweit koordinierte Implementierung der Medizinprodukteverordnung. Die erforderlichen Expertengremien müssten schnellstmöglich etabliert werden und harmonisierte Normen und gemeinsame Spezifikationen unter der MDR erstellt werden.