Debatte über Entbürokratisierung

Medizinischer Dienst warnt vor zu viel Bürokratieabbau

Sind Ärzte drei Stunden täglich nur mit unnötiger Dokumentation beschäftigt? Nein, sagt der Medizinische Dienst. Und verweist beim Thema Bürokratieabbau auch auf die Patientensicherheit.

Veröffentlicht:
Andreas Krokotsch

In der Debatte über Entbürokratisierung darf nicht jede Form der Verwaltungsentscheidung und der notwendigen Kontrollen infrage gestellt werden: Andreas Krokotsch, Leiter der Krankenhausabteilung des Medizinischen Dienstes Nord.

© Felix Müschen/dpa

Kiel. Nach Ansicht des Medizinischen Dienstes (MD) Nord darf die Bürokratie in Krankenhäusern nur behutsam abgebaut werden. „Ja, wir haben zu viel Bürokratie“, sagte Andreas Krokotsch, Leiter der Krankenhausabteilung des MD Nord der Deutschen Presse-Agentur. Die Entbürokratisierung dürfe allerdings nicht so weit gehen, dass die Patientensicherheit gefährdet werde.

Zudem dürfte in der Debatte über Entbürokratisierung nicht jede Form der Verwaltungsentscheidung und der notwendigen Kontrollen infrage gestellt werden. Nach Krokotsch Angaben ist das Bild falsch, dass Ärzte und Pflegekräfte rund drei Stunden täglich mit Dokumentationsarbeiten beschäftigt sind, die häufig keinen Nutzen für die Behandlung von Patienten haben.

Ärztinnen und Ärzte müssten etwa den Patienten einschätzen und ihre Untersuchung dokumentieren, so Krokotsch. Nur so wüssten sie und Ihre Kolleginnen und Kollegen auch nach mehreren Wochen, wie es den Patientinnen und Patienten geht und wie bei einem medizinischen Notfall zu reagieren ist.

Lesen sie auch

Zudem würden die Dokumentationsarbeiten meist parallel zur Untersuchung der Patienten durchgeführt. Es entstehe allerdings der Eindruck, dass die Ärzte dem Gesundheitssystem für drei Stunden entzogen würden, kritisierte Krokotsch. Seiner Ansicht nach ist hingegen bei verantwortungsvolleren Berufen umso mehr Dokumentation erforderlich: „Es geht hier um Leben oder Tod.“

Doppelte Qualitäts- und Strukturprüfungen vermeiden

Um Bürokratie einzusparen, plädierte Krokotsch dazu, unnötige oder doppelte Qualitäts- und Strukturprüfungen zu vermeiden. Er betonte: „Teilweise prüfen wir von zwei unterschiedlichen Seiten die gleichen Dinge.“ So werde etwa in einem Jahr geschaut, ob das Krankenhaus einen Kernspin habe und ein Jahr später werde das gleiche Gerät erneut bei der Qualitätsprüfung betrachtet.

In der Krankenhausreform soll dieses Problem durch eine Harmonisierung gelöst werden. Der Gesetzgeber möchte laut Leitern der Krankenhausabteilung, dass Prüfungen zukünftig aufeinander abgestimmt erfolgen. Momentan dürften aus Datenschutzgründen Erkenntnisse von Strukturprüfungen und Qualitätsprüfungen nicht miteinander verglichen und über Kreuz verwendet werden. Mit der „Harmonisierung“ sollen die Daten der Prüfung ausgetauscht und die Prüfungen aufeinander abgestimmt werden. So wird Krokotsch zufolge daraus nur ein Ablauf, wodurch etwas überflüssige Bürokratie abgebaut werde.

Lesen sie auch

Der Vorstandsvorsitzende der Deutschen Krankenhausgesellschaft, Gerald Gaß, erklärte hingegen Anfang August: „Die Dokumentation hat sich über viele Jahre von einer notwendigen Nebentätigkeit zu einer extremen Last entwickelt.“ Drei Stunden dokumentieren pro Tag entspreche rechnerisch 116.600 von knapp 343.000 Pflegekräften (34 Prozent) und 59.500 von gut 165.200 Ärztinnen und Ärzten (36 Prozent) bundesweit.

Diese Fachkräfte stünden in der Zeit nicht der Patientenversorgung zur Verfügung. „Dass Pflegekräfte und Ärztinnen und Ärzte ein Drittel ihrer Arbeitszeit für Bürokratie einsetzen müssen, ist schlicht inakzeptabel“, betonte Gaß. Gerade vor dem Hintergrund des Fachkräftemangels könne man sich diese Arbeitskraftverschwendung nicht leisten. (dpa)

Ihr Newsletter zum Thema
Mehr zum Thema
Das könnte Sie auch interessieren
Ein Roboter, der Akten wälzt? Künstliche Intelligenz kann bereits mit Leitlinien umgehen – jedenfalls wenn sie so gut strukturiert sind wie die der DEGAM.

© Iaroslav / stock.adobe.com

Digitalisierung in der Medizin

Kollegin Dr. ChatGPT? Wie Künstliche Intelligenz Ärzten helfen könnte

Digital und innovativ: Klinikum Siegen überzeugt von Fluency Direct

© Solventum Germany GmbH

Solventum Spracherkennung

Digital und innovativ: Klinikum Siegen überzeugt von Fluency Direct

Anzeige | 3M Healthcare Germany GmbH
Innovationsforum für privatärztliche Medizin

© Tag der privatmedizin

Tag der Privatmedizin 2024

Innovationsforum für privatärztliche Medizin

Kooperation | In Kooperation mit: Tag der Privatmedizin
Eine Sanduhr, durch die Geldstücke fall

© fotomek / stock.adobe.com

Tag der Privatmedizin 2024

Outsourcing: Mehr Zeit für Patienten!

Kooperation | In Kooperation mit: Tag der Privatmedizin
Buch mit sieben Siegeln oder edles Werk? KI-Idee einer in Leder eingebundenen neuen Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ)

© KI-generiert mit ChatGPT 4o

Exklusiv Entwurf unter der Lupe

Das brächte Ihnen die neue GOÄ

Kommentare
Carl Billmann, Leiter der Stabsstelle IT, Marketing & Kommunikation bei BillmaMED, Medizinstudent mit dem Berufsziel Dermatologe.

© Doctolib

Interview

„Am Empfang haben wir Stress rausgenommen“

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Doctolib GmbH
Die Patientin tippt ihre Nachricht ins Smartphone, das Praxisteam antwortet direkt über
den Desktop. So sind Vereinbarungen über ein E-Rezept oder eine Befundmitteilung vom Facharzt schnell übermittelt.

© [M] Springer Medizin Verlag | Foto: A_B_C / stock.adobe .com

Digitale Patientenkommunikation

„Das Potenzial für die Zeitersparnis ist riesig“

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Doctolib GmbH
KI-Einsatz mit Robotern im Krankenhaus oder in der ambulanten Pflege? In Deutschland noch schwer vorstellbar. Aber vielleicht ist das dieZukunft. Ein Feld auch für die Geldanlage.

© sirisakboakaew / stock.adobe.com

Interview zum Thema Geldanlage

KI für Anleger: „Ich sollte verstehen, in was ich investiere“

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Deutscher Apotheker- und Ärztebank
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Eil-Meldungen: Erhalten Sie die wichtigsten Nachrichten direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Finanzielle Lage der GKV

Zusatzbeiträge 2025: Hiobsbotschaften im Tagesrhythmus

Lesetipps
Die Forschenden nahmen die langfristigen Auswirkungen der essenziellen Metalle Kobalt, Kupfer, Mangan und Zink, sowie der nicht-essenziellen Metalle Arsen, Cadmium, Blei, Wolfram und Uran auf die kognitiven Funktionen in den Blick.

© Naeblys / Getty Images / iStock

Umweltbelastung

Metalle im Urin sind mit kognitivem Abbau assoziiert