Arzneimittelpolitik

Mehr Flexibilität bei den Arzneipreisen?

Eine seltene Koalition von SPD, Grünen und FDP tritt vor dem Hintergrund von Lieferengpässen bei Arzneien für eine Adjustierung der Erstattungspolitik ein.

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Berlin. Bundes- und Landespolitiker von SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP haben am Dienstag bei der „Berliner Runde“ des Bundesverbandes der Arzneimittelhersteller (BAH) für Korrekturen der Preisregulation auf dem Arzneimittelmarkt plädiert. Eine Ursache dafür sind anhaltende Lieferengpässe auch bei lebenswichtigen Arzneimitteln, ein weiterer Grund das sich über zwölf Jahre erstreckende Preismoratorium und die sich teils überlagernden Preisregulative wie Erstattungs- und Festbeträge sowie Rabattverträge.

„Gerade der pharmazeutische Mittelstand befindet sich in einem Schraubstock aus steigenden Anforderungen und Kosten einerseits, gedeckelten Preisen und Erlösen andererseits“, erklärte Dr. Norbert Gerbsch von Pohl-Boskamp.

Diese Kritik sei berechtigt, gestand die SPD-Bundestagabgeordnete Gabriele Katzmarek zu. Die Berichterstatterin Gesundheitswirtschaft der SPD-Bundestagsfraktion plädierte für einen erweiterten Blick bei der Bildung von Arzneimittelerstattungsbeträgen: die Einbeziehung volkswirtschaftlicher Aspekte wie Arbeitsproduktivität und vermiedene Arbeitsunfähigkeit, aber auch die schnelle Rehabilitation von Patienten durch Innovationen. Die Industrie müsse ein „Eckpfeiler der Arbeitsgesellschaft bleiben, wir wollen keine Dienstleistungsgesellschaft“, sagte Katzmarek. Andererseits dürfe die Pharma-Industrie nicht vergessen, dass der staatliche Nachfragemarkt auch Sicherheitsvorteile habe.

Staatssekretär Volker Ratzmann (Grüne), Bevollmächtigter von Baden-Württemberg beim Bund, hält die Preispolitik für eine mögliche Stellschraube bei der Liefersicherheit von Arzneimitteln. Man bewege sich in einem Bereich, in dem Fehlallokationen und Engpässe zu irreversiblen Schäden führen könnten. Das müsse in der Preisregulierung berücksichtigt werden.

Die bisherige Preispolitik habe zu einer Abwanderung von Teilen der Industrie in Niedriglohnländer geführt, kritisierte der wirtschaftspolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion Reinhard Houben. Eine sichere Produktion erfordere einen anderen Umgang von Politik und Krankenkassen mit der Industrie.

Konkrete Korrekturen im Detail forderte der stellvertretende Hauptgeschäftsführer, des BAH, Dr. Hermann Kortland. Für Festbeträge müsse es eine am europäischen Preisniveau orientierte Untergrenze geben. Bei der Bildung der Festbeträge müssten ferner besondere und aufwendigere Darreichungsformen, etwa Saftzubereitungen für Kinder, gesondert berücksichtigt werden. Rabattverträge für lebenswichtige Arzneimittel sollten – wie bei Impfstoffen schon geschehen – verboten werden. Grundsätzlich sollten Kassen zum Abschluss von Rabattverträgen mit mehreren Anbietern verpflichtet sein. (HL)

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