IGeL-Merkblätter für Patienten
Mit Zündstoff ins Behandlungszimmer
Der umstrittene IGeL-Monitor bietet Patienten ab sofort Merkblätter zu den von ihm bewerteteten und häufig harsch kritisierten Selbstzahlerleistungen für das Arztgespräch an. Ist da Ärger vorprogrammiert?
Veröffentlicht:BERLIN. Die vom Medizinischen Dienst der Krankenkassen betriebene Online-Plattform IGeL-Monitor will die Patientenposition im Arztgespräch über Selbstzahlerleistungen stärken.
Dazu hat die IGeL-kritische Redaktion nun ihr Informationsangebot erweitert. Alles Wichtige zu jeder bewerteten Selbstzahlerleistung ist ab sofort jeweils in einem "Merkblatt für das Praxisgespräch" zusammengefasst.
Laut IGeL-Monitor "sind die Merkblätter vor allem als Gedächtnisstütze" für Kassenpatienten gedacht, die mit ihrem Arzt über eine Selbstzahlerleistung sprechen möchten. Die Blätter könnten, so lautet die Prämisse, in der Praxis als gemeinsame Gesprächsgrundlage dienen.
Jedes Merkblatt stelle die aus Sicht der Kritiker wesentlichen Informationen zu einer IGeL knapp und übersichtlich auf einer Seite zusammen: zu Nutzen und Schaden, zum Fazit des IGeL-Monitors, zu den wichtigsten Studien und auch zum IGeL-Monitor selbst.
Kassen als Wirkverstärker gewünscht
Damit die Merkblätter bei möglichst vielen Patienten auch physisch ankommen, setzt der IGeL-Monitor auf die Kooperation mit anderen Einrichtungen, die Informationen zu Selbstzahlerleistungen verbreiten, wie Patientenberatungsstellen, Verbraucherzentralen und Krankenversicherungen.
Dafür könnten diese die PDF-Dokumente in der Rubrik IGeL A-Z (igel-monitor.de/IGeL_A_Z.php) herunterladen und an die Versicherten weitergeben. Für den Stempel der jeweiligen Einrichtung ist auf dem Merkblatt ein eigener Platz vorgesehen. "Selbstverständlich sind auch Ärzte eingeladen, die Merkblätter zu verwenden", so Dr. Christian Weymayr, der beim IGeL-Monitor als Projektleiter fungiert.
Ärzte bereit zum Dialog
"Bringt ein Patient das Merkblatt des IGeL-Monitors zur Glukokortikoidgabe bei Hörsturz mit, so werde ich ihn - wie sonst auch - über meine wissenschaftliche Ansicht zu dieser Selbstzahlerleistung aufklären. Auslegen werde ich das Merkblatt in meiner Praxis aber nicht", konstatiert der in Krefeld niedergelassene HNO-Facharzt und Vizepräsident des Deutschen Berufsverbandes der Hals-Nasen-Ohrenärzte, Dr. Joachim Wichmann, im Gespräch mit der "Ärzte Zeitung".
Das negative Votum des IGeL-Monitors zur Glukokortikoidgabe bei Hörsturz als Selbstzahlerleistung hatte erst vor Kurzem die HNO-Ärzte auf die Barrikaden getrieben. In einer gemeinsamen Stellungnahme kritisierten die Deutsche Gesellschaft für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde, Kopf- und Halschirurgie und der HNO-Berufsverband, die Bewertung basiere auf der Auswertung veralteter Studienergebnisse.
Aktuelle Leitlinien seien unberücksichtigt geblieben, monierten die Verbände. Der IGeL-Monitor hat darauf reagiert, aber sein negatives Votum bezüglich dieser HNO-Selbstzahlerleistung aufrechterhalten (wir berichteten).
"Mein persönlicher Eindruck ist, dass sich der IGeL-Monitor nicht offen zeigt für eine wissenschaftlich basierte, fachliche Diskussion mit den Fachgesellschaften. Das ist ein Schlag ins Gesicht vor allem der Fachärzte", resümiert Wichmann.