Revision war erfolgreich

Neuer Prozess gegen falsche Anästhesistin gestartet

Der Prozess gegen die falsche Anästhesistin aus Fritzlar wird neu aufgerollt. Die 54-Jährige hatte erfolgreich Revision eingelegt. 2022 war sie zu lebenslanger Haft verurteilt worden. Der Bundesgerichtshof rügte Verfahrensmängel.

Veröffentlicht:
Ein Kameramann filmt das Schild am Haupteingang der Klinik „Hospital zum Heiligen Geist“. Eine mutmaßlich falsche Ärztin soll in der Klinik ohne entsprechende Ausbildung Patienten betäubt haben. Nun geht der Prozess in die zweite Runde.

Ein Kameramann filmt das Schild am Haupteingang der Klinik „Hospital zum Heiligen Geist“. Eine mutmaßlich falsche Ärztin soll in der Klinik ohne entsprechende Ausbildung Patienten betäubt haben. Nun geht der Prozess in die zweite Runde.

© Uwe Zucchi / dpa / picture alliance

Kassel. Weil sie sich jahrelang fälschlicherweise als Narkoseärztin ausgeben und dabei den Tod von drei Patienten verschuldet haben soll, steht eine 54 Jahre alte Frau erneut vor dem Landgericht Kassel. Sie hatte sich mit einer gefälschten Approbationsurkunde eine Anstellung als Narkoseärztin in einem Hospital im nordhessischen Fritzlar erschlichen. Nach Überzeugung der Anklage starben durch Behandlungsfehler der Frau drei Patienten, andere trugen schwere Schäden davon.

Im Mai 2022 war die Angeklagte unter anderem wegen dreifachen Mordes und des versuchten Mordes in zehn Fällen zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt worden. Das Landgericht Kassel stellte damals auch die besondere Schwere der Schuld fest.

Revision war erfolgreich

Gegen das Urteil hatte die Frau erfolgreich Revision eingelegt. Der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe hob die Entscheidung teilweise auf, weil er den Tötungsvorsatz nicht ausreichend begründet sah. Außerdem habe das Gericht die Umstände, die gegen vorsätzliche Tötungen der Patienten sprechen, nicht ausreichend beachtet. Dazu gehören laut BGH die Persönlichkeitsstruktur und die Verhaltensauffälligkeiten der Angeklagten.

Die Feststellungen zum objektiven Kerngeschehen der einzelnen Taten konnten laut BGH allerdings bestehen bleiben. Die 10. Große Strafkammer des Landgerichts muss den Fall nun neu verhandeln und entscheiden.

Medikamente fehlerhaft dosiert

Die Staatsanwaltschaft wirft der Frau vor, bei Operationen etwa Medikamente fehlerhaft dosiert und ärztliche Maßnahmen bei auftretenden Komplikationen verzögert beziehungsweise unterlassen zu haben. Die Frau habe die für Patienten nachteiligen Folgen der Behandlungsfehler billigend in Kauf genommen, sagte der Staatsanwalt. „Die Angeklagte wusste, dass sie nicht als Ärztin tätig werden durfte und nicht über die entsprechende Ausbildung verfügte“, las er aus der Anklage.

Zudem sei ihr bewusst gewesen, dass es sich bei der Anästhesie um einen sehr eingriffsintensiven medizinischen Fachbereich handelt. Trotz der mehrfach aufgetretenen Probleme und Komplikationen habe sie ihre Tätigkeit fortgeführt.

Angeklagte schwieg zunächst

Die Angeklagte sagte am ersten Verhandlungstag zunächst nichts zu den Vorwürfen, auch in dem ersten Prozess hatte sie sich nicht geäußert. Ihr Werdegang ist verschlungen: Mal studierte sie Biologie, mal Zahnmedizin. Sie absolvierte eine Heilpraktikerprüfung sowie zahlreiche Praktika. Abschluss und Promotion erfolgten schließlich in Biologie.

Der Doktorgrad wurde ihr von der Uni Kassel allerdings wegen Plagiierens wieder entzogen. Einen zweitenDoktortitel soll sie im Internet gekauft haben. Eine abgeschlossene Ausbildung als Ärztin hat die 54-Jährige nicht. Das Gericht hat bis zum 30. April sieben weitere Verhandlungstermine anberaumt. Am kommenden Montag soll der Prozess mit der Befragung von Zeugen fortgesetzt werden. (dpa)

Jetzt abonnieren
Schlagworte:
Ihr Newsletter zum Thema
Mehr zum Thema

Revision war erfolgreich

Neuer Prozess gegen falsche Anästhesistin gestartet

Prozessauftakt

Nach Tod von Krankenschwester Arzt vor Gericht

Das könnte Sie auch interessieren
Glasglobus und Stethoskop, eingebettet in grünes Laub, als Symbol für Umweltgesundheit und ökologisch-medizinisches Bewusstsein

© AspctStyle / Generiert mit KI / stock.adobe.com

Klimawandel und Gesundheitswesen

Klimaschutz und Gesundheit: Herausforderungen und Lösungen

Kooperation | In Kooperation mit: Frankfurter Forum
Ein MRT verbraucht viel Energie, auch die Datenspeicherung ist energieintensiv.

© Marijan Murat / dpa / picture alliance

Klimawandel und Gesundheitswesen

Forderungen nach Verhaltensänderungen und Verhältnisprävention

Kooperation | In Kooperation mit: Frankfurter Forum
Ein Dialogforum von Fachleuten aus Gesellschaft, Gesundheitspolitik und Wissenschaft

© Frankfurter Forum für gesellschafts- und gesundheitspolitische Grundsatzfragen e. V.

Das Frankfurter Forum stellt sich vor

Ein Dialogforum von Fachleuten aus Gesellschaft, Gesundheitspolitik und Wissenschaft

Kooperation | In Kooperation mit: Frankfurter Forum
Kommentare
Sonderberichte zum Thema
Dr. Antigone Fritz und Hubertus Müller sitzen trocken am PC. Dort zu sehen: ein Bild vom Hochwasser in Erftstadt vor drei Jahren.

© MLP

Gut abgesichert bei Naturkatastrophen

Hochwasser in der Praxis? Ein Fall für die Versicherung!

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: MLP
Protest vor dem Bundestag: Die Aktionsgruppe „NichtGenesen“ positionierte im Juli auf dem Gelände vor dem Reichstagsgebäude Rollstühle und machte darauf aufmerksam, dass es in Deutschland über drei Millionen Menschen gebe, dievon einem Post-COVID-Syndrom oder Post-Vac betroffen sind.

© picture alliance / Panama Pictures | Christoph Hardt

Symposium in Berlin

Post-COVID: Das Rätsel für Ärzte und Forscher

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: vfa und Paul-Martini-Stiftung
Krisenkommunikation war Schwachpunkt in der Pandemie

© HL

Herbstsymposium der Paul-Martini-Stiftung

Krisenkommunikation war Schwachpunkt in der Pandemie

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: vfa und Paul-Martini-Stiftung
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Eil-Meldungen: Erhalten Sie die wichtigsten Nachrichten direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Wiederkehrende Schwindelanfälle

Vertigo – wann steckt eine vestibuläre Migräne dahinter?

Man kann nicht nicht führen

Mitarbeiterführung in der Arztpraxis: Tipps für Praxisinhaber

Zu viel in der Hitze gearbeitet?

Der Mann mit der Alzheimermutation, der keine Demenz bekommt

Lesetipps
Eine Lupe vor Spielfiguren

© CYBERUSS / stock.adobe.com

Frage der Woche

Wie sieht für Sie der optimale Führungsstil aus?

Die Ärzte Zeitung hat jetzt auch einen WhatsApp-Kanal.

© prima91 / stock.adobe.com

News per Messenger

Neu: WhatsApp-Kanal der Ärzte Zeitung