Gefangenenversorgung
Niedersachsen testet Telemedizin für Inhaftierte
Die KV Niedersachsen und das Justizministerium des Landes haben in einem gemeinsamen Vertrag Rahmenbedingungen zur telemedizinischen Versorgung im Justizvollzug geschaffen.
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Mit der ärztlichen Versorgung im Justizvollzug per Telemedizin werden neue Wege versucht.
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Hannover. Ab dem 1. Juli soll der Bereitschaftsdienst der Kassenärztlichen Vereinigung Niedersachsen (KVN) Häftlinge der Justizvollzugsanstalt (JVA) Hannover per Telemedizin versorgen. Das Justizministerium Niedersachsen und die KVN haben einen entsprechenden Vertrag geschlossen.
Bisher kümmern sich die Anstaltsärzte um die Gefangenen. In der JVA arbeiten drei Allgemeinmediziner, ein Zahnarzt, ein Psychiater und 30 Angehörige weiterer medizinischer Berufe. Außerhalb der ärztlichen Dienstzeiten, zum Beispiel am späten Abend, kommen entweder die Bereitschaftsärzte in die JVA, was sie viel Zeit kostet. Oder die Gefangenen werden in der kassenärztlichen Bereitschaftspraxis vorgeführt. Eine Lösung, die ebenfalls viel Zeit und Personal kostet und die dazu unsicher ist. Schließlich könnten die Häftlinge fliehen.
Telemedizinisches Pilotprojekt gestartet
Durch das Pilotprojekt soll nun ein möglichst großer Teil dieser Einsätze telemedizinisch erledigt werden. Bei einem geeigneten Fall soll künftig eine Videosprechstunde über einen zertifizierten Videodienstanbieter aufgebaut werden. Die Behandlung übernimmt dann ein Bereitschaftsdienstarzt der KVN-Bereitschaftsdienstpraxis im KRH Klinikum Siloah in Hannover via Bildschirm.
Natürlich kann nicht jede Behandlung telemedizinisch vorgenommen werden, sondern nur etwa die Ausstellung von Rezepten, die Feststellung der Arbeitsunfähigkeit, die Einweisung in öffentliche Krankenhäuser oder die Mitteilung meldepflichtiger Krankheiten.
Da die meisten Bereitschaftsdienstleistungen am Bildschirm wegfallen und nur wenig Honorar fließen würde, können die Ärzte für Tele-Konsultationen mit den Häftlingen 60 Euro pro Fall abrechnen.
„Neue Ära ärztlicher Versorgung“
Für Justizministerin Barbara Havliza (CDU) kann die „Telemedizin ein erheblicher Gewinn für den Justizvollzug sein, weil sie die Abläufe vereinfacht und beschleunigt. Für die Bediensteten ist es eine Entlastung, weil sie zügig auf kompetente ärztliche Hilfe zurückgreifen können.“
Mark Barjenbruch, Vorstandsvorsitzender der KVN, erklärt: „Mit der telemedizinischen Versorgung im Justizvollzug bricht eine neue Ära ärztlicher Versorgung für die Gefangenen an. Die Chancen der Digitalisierung sind gewaltig und es liegt an uns, diese gemeinsam zu nutzen.“
Der Vertrag zwischen der KVN und dem Justizministerium ist unbefristet. Das Ministerium wird das Projekt evaluieren. Wenn es sich bewährt, soll es ausgeweitet werden. Die Kosten für das Pilotprojekt belaufen sich auf rund 50 .000 Euro.
Die JVA Hannover hat 626 Haftplätze. Im Schnitt nimmt die Hauptanstalt jährlich rund 1500 Gefangene auf.