MedTech
Polen auf Modernisierungskurs
Polen rüstet seine Kliniken auf, um die durch den demografischen Wandel bedingten, geänderten Bedürfnisse von Patienten zu befriedigen. Das bietet auch deutschen Medizintechnikanbietern Chancen.
Veröffentlicht:WARSCHAU. Für die deutsche Medizintechnikbranche lohnt sich ein Blick gen Osten.
Denn Medizintechnik im Wert von über einer Milliarde Euro wird jährlich in Polen gekauft - Tendenz steigend. Gesundheitseinrichtungen hoffen auf Unterstützung aus EU-Mitteln.
Aus eigener Kraft sind sie wegen der hohen Verschuldung nur bedingt in der Lage, größere Vorhaben zu stemmen.
Derweil machen gesellschaftliche Veränderungen eine Anpassung erforderlich, vor allem in den Bereichen Alterspflege und Rehabilitation.
Gestärkt werden soll auch die Diagnosetätigkeit, wie die deutsche Außenhandelsagentur Germany Trade & Invest (gtai) beobachtet.
Innerhalb der vergangenen sieben Jahre sind laut gtai mit Unterstützung aus Brüssel fast 700 Investitionsprojekte im polnischen Gesundheitswesen realisiert worden, deren Wert sich auf über 600 Millionen Euro belaufen habe.
In der neuen EU-Finanzperiode 2014 bis 2020 würden wieder Milliardenbeträge zur Verfügung gestellt. Der finanzielle Umfang der Mittel für Infrastruktur- und Ausstattungsinvestitionen solle dabei ungefähr gleich bleiben.
Insgesamt müssten die Gelder effizienter ausgegeben werden, fordere die Europäische Kommission. Unter anderem auf ihren Druck hin würden bis Mitte 2016 sogenannte Karten der Gesundheitsbedürfnisse für alle 16 Woiwodschaften erarbeitet.
Sie sollten feststellen, wie sich die Nachfrage nach einzelnen Dienstleistungen derzeit gestaltet und zukünftig entwickeln werde. Ziel sei es, Investitionsprioritäten aufzuzeigen.
Kliniken reagieren auf Demografie
Nach Angaben des Finanzdienstleisters Magellan wollen in den kommenden Jahren knapp 40 Prozent der staatlichen Krankenhäuser Investitionsprojekte mit einem Mindestwert von umgerechnet etwa 1,2 Millionen Euro in Angriff nehmen, wie die gtai hinweist.
Ihre Pläne orientierten sich bereits an den gesellschaftlichen Veränderungen, darunter vor allem an den Verschiebungen in der Altersstruktur, aber auch am aktiveren Lebensstil und der damit größeren Unfallgefahr.
Wie Professor Barbara Bien von der Medizinischen Universität in Bialystok unterstreiche, solle zum Beispiel in spätestens zehn Jahren in jedem polnischen Krankenhaus ein Geriatrie-Informationspunkt bestehen.
Fortschritte bei Onkologie
Laut einer Umfrage unter polnischen Krankenhäusern, die das Forschungsinstitut PMR Mitte 2014 durchgeführt habe, plane ein Drittel der öffentlichen Einrichtungen, eine neue Abteilung zu eröffnen. Besonderes Augenmerk liege dabei auf der Geriatrie.
Jeder vierte Umfrageteilnehmer möchte des Weiteren in die Rehabilitation investieren, etwas weniger in eine psychiatrische Station. Seinen OP um- oder ausbauen möchte laut gtai etwa jedes zehnte Krankenhaus.
Lediglich sieben Prozent hätten Pläne im Bereich der Onkologie, nur halb so viele wie noch zwei Jahre zuvor.
Wie Experten aber unterstrichen, sei dies vor allem der großen Anzahl bereits durchgeführter Investitionen geschuldet, da die Zahl der Krebserkrankungen weiter zunehme.
"Der gesamte Markt für Medizintechnik wird 2016 ein Volumen von über 1,2 Milliarden Euro erreichen, ein zweistelliges Wachstum gegenüber heute", erklärt Monika Stefanczyk, Analystin beim Forschungsinstitut PMR.
Allerdings weise sie gleichzeitig darauf hin, dass der noch vor einigen Jahren vorherrschende Optimismus mittlerweile etwas abgekühlt sei.
Die Gründe dafür sieht sie laut gtai in der steigenden Verschuldung der Gesundheitseinrichtungen, den ungünstigen Bedingungen des Erstattungsgesetzes und der schwachen konjunkturellen Lage.
Die Investitionsausgaben der landesweit knapp 900 Krankenhäuser variierten stark.
Laut Janusz Szafraniec, Vorstandsvorsitzender der Polnischen Wirtschaftskammer für Medizinische Erzeugnisse Polmed, beliefen sich allein die jährlichen Investitionsausgaben privater Heilanstalten auf etwa 500 Millionen Euro.
Um die Lebenserwartung zu verlängern und Senioren das Leben angenehmer zu machen, muss Polen nach gtai-Angaben mehr Gewicht auf die Prävention legen.
Teilweise sei dies sicherlich ein Resultat der überfüllten Wartelisten bei Spezialisten. Um diese zu entschärfen, wolle die Regierung mehr Ärzte einsetzen.
In ihrem Exposé zum Amtsantritt Ende September 2014 habe die polnische Premierministerin und Ärztin, Ewa Kopacz, die Finanzierung der Spezialisierung aller Absolventen medizinischer Hochschulen als Residenzärzte in Aussicht gestellt.