Männermedizin
Präventionsangebote schon an Jungen richten
Männermediziner sehen einen großen Handlungsbedarf, um den Anforderungen an die Versorgung vor allem junger Männer gerecht zu werden. Sie sehen vorwiegend die Kassen in der Pflicht, die Zielgruppe mit neuen Präventionsangeboten anzusprechen.
Veröffentlicht:NEU-ISENBURG. Bei der Männermedizin wird der Ruf nach mehr Präventionsangeboten speziell für die Altersgruppe 18 bis 35 laut.
Unter dem Stichwort "Förderung der Gesundheit von Männern" hat nun die Deutsche Gesellschaft für Mann und Gesundheit (DGMG) in Zusammenarbeit mit der Stiftung Männergesundheit "Forderungen an die Politik und die Institutionen des Gesundheitssystems" formuliert.
Erster Adressat der Forderungen sind die Krankenkassen. Diese "werden aufgefordert, ihre weitgehende Männerblindheit bei ihren Angeboten zu Gesundheitsförderung und Prävention abzubauen und mehr Angebote zu entwickeln, die wirklich für Männer geeignet sind".
Ein besonderer Fokus solle dabei auf jungenspezifische Angebote gelegt werden, um frühzeitig das Gesundheitsverhalten von Jungen zu unterstützen.
Die Männermediziner sehen aber auch Vereine und Gesundheitsdienstleister gemeinsam mit Politikern aufgerufen und "gefordert, die notwendige Forschung anzustoßen und die Finanzierung zur Verfügung zu stellen".
Die zentralen Themen in puncto zielgruppenspezifischer Präventionsangebote seien Übergewicht, Risikoverhalten, ADHS, Depressionen und Sexualität.
Gelobt wird in dem Papier, dass die Kassen in ihren Präventionsangeboten allmählich die Einsicht fänden, dass Frauen und Männer unterschiedlich angesprochen werden müssten.
Aber es gebe nach wie vor noch Defizite bei der Herangehensweise: "Offensichtlich fällt es den Krankenkassen schwer, ein modernes Verständnis von Gesundheitsförderung in der Praxis umzusetzen, das die Geschlechtsspezifik als selbstverständliche Kategorie bei der Entwicklung gesundheitsfördernder Aktivitäten einbezieht."
Ergänzt wird dies mit der Forderung, die Förderung der Männergesundheit bei der Jungengesundheit zu beginnen - "mit der Perspektive auf ihr späteres Mannsein".
Primärer Fokus auf Pädiater und Urologen
Um ein wissenschaftliches Fundament für jungenmedizinische Präventionsangebote zu gießen, rufen DGMG und Stiftung Gesundheit die zuständigen Fachgesellschaften dazu auf, ein Curriculum "Jungenmedizin/Jungengesundheit" zu entwickeln, "um auch in der Ärzteschaft diesem Thema verstärkt Aufmerksamkeit zu widmen und bisher fehlende Expertise zu entwickeln".
Das Curriculum soll sich laut DGMG-Papier in erster Linie an Pädiater und Urologen wenden. Es solle als Fortbildungscurriculum bundesweit angeboten und gemäß den Fortbildungsrichtlinien der Landesärztekammern durchgeführt werden. Dafür bedürfe es auch der finanziellen und organisatorischen Unterstützung, die von den betroffenen Fachgesellschaften aufzubringen wären.
Die Zusammenarbeit von Pädiatern, Urologen und Pädagogen auf diesem Gebiet ist nach Ansicht von DGMG und Stiftung Männergesundheit unerlässlich. Daher schlagen sie beispielsweise die Gründung einer Arbeitsgemeinschaft Jungenmedizin/ Jungengesundheit vor.
Diese wäre "eine geeignete Plattform, um ein solches Curriculum zu erstellen und anzubieten. Gleichzeitig wäre sie eine gute Repräsentanz für die Aus-, Fort- und Weiterbildung im Bereich Jungengesundheit", so die DGMG.
Die Forderungen greifen auch den Bereich der Arbeitswelt auf. So solle in die Weiterbildungsordnung der Bundesärztekammer für den Bereich "Arbeitsmedizin" unbedingt eine geschlechtsspezifische Herangehensweise vermittelt werden. Dies gelte insbesondere für die Bereiche der Gesundheitsberatung und der betrieblichen Prävention/Gesundheitsförderung.
Arbeitsmediziner sollen umdenken
Durch die neue Arbeitsmedizinische Vorsorgeverordnung von 2013 werde die Eigenverantwortung des Arbeitnehmers gestärkt und die Vorsorgeuntersuchungspflicht durch ein ärztliches Vorsorgegespräch ersetzt.
Doch gerade im Gespräch wie in den Maßnahmen zur Prävention und Gesundheitsförderung sei die Notwendigkeit geschlechtsadäquaten Sprechens und Handelns von zentraler Bedeutung. Männer müssten demnach anders angesprochen und motiviert werden als Frauen.
Diese Tatsache finde in der Arbeitsmedizin bisher keine Berücksichtigung. Es sei daher für die Arbeitswelt, die sich sehr oft geschlechtsspezifisch ordne, unbedingt notwendig, in Prävention, Gesundheitsvorsorge und im Gesundheitshandeln die unterschiedliche Ansprechbarkeit von Frauen und Männern in das arbeitsmedizinische Handeln einzubeziehen.