Ausbildungsreform

Psychotherapeuten wollen eigenen Studiengang

Die Psychotherapeutenvereinigung hofft auf eine Reform im Jahr 2015. Die KBV signalisiert Gespräche.

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Den Psychotherapeuten schwebt ein eigener Studiengang vor, der mit einem Staatsexamen abschließt und direkt zur Approbation führt.

Den Psychotherapeuten schwebt ein eigener Studiengang vor, der mit einem Staatsexamen abschließt und direkt zur Approbation führt.

© Alterfalter/fotolia.com

BERLIN. Wer künftig Psychotherapeut werden will, sollte dies in einem grundständigen Studium lernen können. Dies fordert Barbara Lubisch, Bundesvorsitzende der Deutschen Psychotherapeutenvereinigung (DPtV).

Problematisch sei es, dass mit der Abschaffung der Diplomstudiengänge und den neuen Bachelor- und Masterabschlüssen die Zugangsvoraussetzungen zusehends "verschwimmen" würden. Zum Beispiel bei den Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten: Einzelne Bundesländer fordern dafür einen Master-, andere einen Bachelor-Abschluss.

Ein eigener Studiengang, der mit einem Staatsexamen abschließt und direkt zur Approbation führt, würde die angehenden Psychotherapeuten arbeitsrechtlich umfassend absichern, so Lubisch.

Ein "unhaltbarer Zustand" sei, dass die "Psychotherapeuten in Ausbildung" (PIA) bislang für ihre umfassend psychiatrische und psychosomatische Tätigkeit keine ausreichende Vergütung erhalten und ihre heilkundliche Tätigkeit rechtlich unsicher ausüben würden.

Reform für 2015 erhofft

Dass die Reform der Ausbildung auch im Koalitionsvertrag aufgenommen wurde, stimmt Lubisch zuversichtlich. Sie hofft für 2015 auf eine Reform.

Roland Stahl, Pressesprecher der KBV, signalisiert Gesprächsbereitschaft: "Wir sind offen für eine Diskussion über eine Direktausbildung, also ein Vollzeitstudium mit Approbation und anschließender fünfjähriger Weiterbildung." An der Ausgestaltung wolle die KBV beteiligt werden.

Weiteres Thema im Positionspapier ist die aktuelle Versorgung psychisch Kranker. Der DPtV fordert, die von 1967 stammende Psychotherapierichtlinie endlich zu überarbeiten.

"Wir haben zwischenzeitlich gute Modelle beispielsweise zur Akutversorgung, beispielsweise für chronisch Kranke entwickelt, die darin nicht abgebildet sind und letztlich auch nicht vergütet werden", sagt Lubisch. Ein entsprechendes gestuftes Versorgungsmodell der KBV liege bereits vor.

Nun soll darüber mit den Krankenkassen verhandelt werden. Zu den konkreten Bausteinen zählen neben einer Sprechstunde zur ersten Abklärung und einer frühzeitigen Diagnostik auch erweiterte Möglichkeiten der Akutversorgung sowie eine Rezidivprophylaxe für chronisch Kranke. (wer)

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Kommentare
Dipl.-Psych. Wolfgang Ebers 13.06.201413:40 Uhr

Behandlung von Körper+Soma braucht Zeit und nachhaltige Für-(den Pat.)-Sorge

Geehrte Frau Dr. Roth-Sackenheim,
die Versorgungsrealität schaut so aus:
Die Psychotherapeuten sehen die Pat. wöchentlich/14-tägig i.d.R. 1 Stunde.
Treten somatische Probleme auf, nicht selten iatrogene medikamentöser Art, sind 2-3 Monate zum Facharzttermin eher die Regel. Der Pat. sieht dann die psychiatrische KollegIn im Idealfall (sarkastisch gemeint !) 5 min. mit dem Hinweis, daß "wir" dann halt diese oder jene Veränderung der Med. ausprobieren verbunden mit der Ansage, er solle in 2-3 Monaten wiederkommen oder sich tel melden (um dann von der Sprechstundenhilfe oder dem AB abgeblockt zu werden). Persönlich halte ich von der Zusammenarbeit mit den psychiatrisch-/nervenärztlichen KollegInnen viel, aber wenn PP maximalst im Schnitt 8 Patienten/Tag versorgen liegen die Patientenzahlen bei Psychiatern und Nervenärzten (ohne reine Neurologen) doch deutlich höher - dabei bleibt die "Gesamtschau" von Soma mit Sicherheit auch von der Psyche gern auf der Strecke.Den Hinweis der Kollegin, daß mit dem Wegfall der Psychiater auch der größte Bereich der Medizin, nämlich der der Hirnerkrankungen wegfällt, könnte man ja unkommentiert stehen lassen; ich möchte aber darauf hinweisen, um jede Doppeldeutigkeit auszuschließen, daß es in der Diagnostik um die Kenntnis der Noxe geht, aber in der Behandlung letztendlich darum den Pat. im Umgang mit seiner Erkrankung zu untertützen um eine Verbesserung seiner Lebensqualität zu erreichen.
Hierbei ist es m.M. nach egal, wer von den Pharmafirmen über neue Med informiert wird bzw. (meist eh verspätet) das rote CAVE! über das Fax kriegt. Interaktionsdatenbanken (selbst die im Praxisprogramm) werden nach meiner Erfahrung von den ärztlichen Kollegen eh meist nicht abgefragt und was der Pat. wirklich einnimmt erfahren PTn meist effektiver als die somatischen Spezialisten im Kurzkontakt.
Als Psychologe halte ich von einem speziellen Studium als Psychotherapeut eigentlich wenig, da ein psychologisches Menschenbild eben ein ganzheitlicheres Menschbild vermittelt hat(te) als ein somatisches; die heutige Ausbildungsrealität (bachelor/master) ist leider anders und somit der Bedarf eines eigenen Studienganges für mich zumindest nachvollziehbar.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Enno Maaß 13.06.201411:41 Uhr

Wir können uns einen Stillstand nicht leisten!

Sehr geehrte Kollegin,

sie machen hier Fronten auf, die in der Versorgungsrealität überhaupt keine Rolle spielen. Es geht hier um Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten und Psychologische Psychotherapeuten, nicht um die Gruppe der Psychiater. Wieso sollte eine zeitgemäße(!) Aus- und Weiterbildung im Bereich der Psychotherapie einen "Psychiater-light" hervorbringen. Bleiben Sie doch bitte bei der Sache und vergegenwärtigen sich, dass es hier um einen versorgungsrelevanten und in vernünftigen Strukturen ausgebildeten Psychotherapeutenberuf geht.
Wollen Sie darüberhinaus mit ihrem Kommentar tatsächlich erläutern, dass wir Psychotherapeuten in einem Studium keine medizinischen Inhalte und Aspekte vermittelt bekommen dürfen? Und das damit begründen, dass es dadurch zu einer dann vollständigen Trennung von Soma und Psyche kommt??? Das hört sich auch für mich nach einem Irrweg an...

Also mein Fazit ist: Konzentrieren Sie sich darauf, ausreichend Nachwuchs für den sehr wichtigen und versorgungsrelevanten Beruf des Psychiaters zu gewinnen! Und wir kümmern uns um eine Reform des Psychotherapeutengesetzes.

Mit besten Grüße,
Dr. Enno Maaß

Dr. Christa Roth-Sackenheim 13.06.201410:00 Uhr

Wollen wir wirklich einen solchen "Heilberuf"?

Die Probleme, die für die derzeitigen Psychologischen Psychotherapeuten durch Fehler im Psychotherapeutengesetz 1999 geschaffen wurden, müssen zweifelsohne behoben werden.
Die Psychotherapeuten im Praktikum dürfen nicht länger durch die Krankenhaus-Träger ausgebeutet werden. Auch der Arzt im Praktikum hat, solange es ihn gab, eine Entlohnung bekommen. Die Zugangsvoraussetzungen, insbesondere bei der Kinder- und Jugendlichen-Psychotherapie, müssen einheitlich werden.
Aber brauchen wir wirklich eine Art "Parallel-Arzt für die Psyche"?
Wenn man es zu Ende denkt: es entsteht ein Studiengang mit Vermittlung psychotherapeutischer Grundlagen, eventuell mit einem Modul "Medizin für Psychotherapeuten", (Lehrbücher hierzu gibt es bereits), wahrscheinlich genau so lange wie ein Medizinstudium, mit einem praktischen Jahr, danach hat man die Approbation zum Psychotherapeuten, macht danach eine Weiterbildung und erlangt am Ende "Facharztstatus".
Nicht nur wir Fachärzte für Psychiatrie und Psychotherapie müssen fürchten, dass durch die Direktausbildung ein "Psychiater light" entsteht. Das gesamte Gesundheitswesen würde damit konfrontiert, dass die Behandlung von Soma und Psyche konzeptuell endgültig getrennt werden würden.
Wer behandelt dann künftig diejenigen Patienten, deren Behandlung ihrer psychischen Störung unbedingt umfassende somatische Kenntnisse braucht? Die Ursachen psychischer Störungen werden immer mehr auch als somatisch (mit-)bedingt erklärbar. Der wissenschaftliche Fortschritt wird in den nächsten 10-20 Jahren hier entscheidende, wenn nicht revolutionäre Fortschritte bringen. Wenn wir dann keine Psychiater mehr haben, sondern nur noch Psychotherapeuten, werden diese Patienten nicht mehr umfassend behandelt werden können. Die Medizin verliert somit den größten Bereich der Hirnerkrankungen. Medizinisches Wissen ist nicht als "Kurs" oder "Modul" an ein anderes Studium anhängbar.
Fazit: Die Direktausbildung ist ein fataler Irrweg!

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