Richter billigen telefonische Aufklärung bei "Routinefällen"
KARLSRUHE (mwo). In einfach gelagerten Fällen können Ärzte ihre Patienten auch in einem telefonischen Gespräch über die Risiken eines bevorstehenden Eingriffs aufklären. Allerdings muss der Patient damit einverstanden sein, heißt es in einem kürzlich schriftlich veröffentlichten Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) in Karlsruhe.
Veröffentlicht:Im Streitfall wurde ein drei Wochen altes Mädchen wegen eines Leistenbruchs operiert. Der Belegarzt hatte zuvor die Mutter in seiner Praxis aufgeklärt, während der Vater im Wartezimmer das Aufklärungsformular ausfüllte und später mit seiner Frau unterschrieb. Der Anästhesist telefonierte zwei Tage vor dem Eingriff mit dem Vater. Am Morgen vor der Operation unterzeichneten beide Eltern das Einwilligungsformular. Während der Operation kam es zu schweren atemwegsbezogenen Komplikationen, was zu bleibenden Schäden bei Motorik und Sprache führte. Mit ihrer Klage meinen die Eltern, sie seien unzureichend aufgeklärt worden und verlangen Schmerzensgeld und Schadenersatz.
Wie schon die Vorinstanzen wies der BGH die Klage ab: Auch wenn bei minderjährigen Kindern beide sorgeberechtigten Eltern dem Eingriff zustimmen müssen, sei die Aufklärung nur eines Elternteils meist ausreichend. Das gelte "jedenfalls in Routinefällen", und wenn die Eltern nichts anderes verlangen.
Nur bei schweren Eingriffen "mit nicht unbedeutenden Risiken" müsse sich der Arzt vergewissern, ob der erschienene Elternteil eine Ermächtigung des anderen hat, dürfe dann aber im Regelfall auf eine wahrheitsgemäße Auskunft vertrauen. Auch dürften sich die Ärzte darauf verlassen, dass sich die Eltern über die erhaltenen Informationen austauschen. In einfachen Fällen reiche zudem auch eine telefonische Aufklärung aus; denn wie im persönlichen Gespräch sei es auch hier möglich, persönliche Fragen zu beantworten. "Handelt es sich dagegen um komplizierte Eingriffe mit erheblichen Risiken, wird eine telefonische Aufklärung regelmäßig unzureichend sein", betonten die Karlsruher Richter.
Urteil des Bundesgerichtshofs, Az.: VI ZR 204/09