Klinikhygiene
Robotikindustrie muss in Kliniken keine Klinken putzen
Corona und andere Keime schaffen in Kliniken einen immensen Bedarf an Oberflächendesinfektion. Hier kommen immer mehr Reinigungsroboter zum Einsatz, wie ein Report zeigt.
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Einer von vielen Service-Robotern in Kliniken: Der „UVD Robot“ des Herstellers Blue Ocean Robotics hat 2019 den „Award for Invention and Entrepreneurship in Robotics and Automation“ erhalten.
© IFR / Blue Ocean Robotics
Frankfurt/Main. Sie desinfizieren, bei Bedarf 24 Stunden am Tag, sieben Tage die Woche, Flure und Zimmer in Krankenhäusern stur nach Vorgabe, ohne Abweichung und ohne Risiko – weder für Infektionen mit sämtlichen Corona-Varianten noch für Multiresistente Erreger (MRE) wie MRSA (Methicillin resistenter Staphylococcus aureus) oder CDI (Clostridium difficile).
Die Nachfrage nach professionellen Reinigungsrobotern stieg im zweiten Pandemiejahr um 92 Prozent auf 34.400 verkaufte Einheiten, wie aus dem jüngst veröffentlichten „World Robotics 2021 Service Robots Report“ der International Federation of Robotics (IFR), dem Sprachrohr der Robotikindustrie, hervorgeht – eine Steigerung um sagenhafte 92 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum.
Mehr als 50 Anbieter im Markt
Laut IFR entwickelten mehr als 50 Anbieter von Service-Robotern als Reaktion auf die steigenden Hygieneanforderungen in der COVID-19-Pandemie Desinfektionsroboter, die Flüssigkeiten versprühen oder mit ultraviolettem Licht arbeiten. Häufig bauten die Hersteller bereits bestehende mobile Robotermodelle zu Desinfektionsrobotern um. Das Potenzial für Desinfektionsroboter in Krankenhäusern und anderen öffentlichen Einrichtungen ist, wie die Robotikindustrie bekundet, nach wie vor groß. Der Absatz von professionellen Bodenreinigungsrobotern werde im Zeitraum von 2021 bis 2024 im Durchschnitt voraussichtlich jährlich zweistellig wachsen, so die IFR-Prognose.
Exemplarisch für die Entwicklung steht das dänische Unternehmen Blue Ocean Robotics, dessen Verkaufsschlager der „UVD Robot“ ist. Der kollaborative Roboter fährt nach Unternehmensangaben autonom durch Krankenhäuser und sendet dabei konzentriertes UV-C-Licht aus, um Bakterien und andere schädliche Mikroorganismen zu beseitigen. Ironie des Schicksals: Im Juni 2019 – nur ein halbes Jahr vor Ausbruch des Pandemiegeschehens – hat der Weltrobotikverband den dänischen Klinikdesinfektionsroboter als Exempel für die Know-how-Synthese von Robotik und Medizin gekürt, erhielt der Hersteller den „Award for Invention and Entrepreneurship in Robotics and Automation“.
Er wird jährlich von der IFR zusammen mit der Robotics and Automation Society der internationalen Ingenieursvereinigung (IEEE-RAS) ausgelobt und zählt in der Robotikszene heute zu den wichtigsten Auszeichnungen weltweit. Die IFR betont explizit den kollaborativen Charakter der Reinigungs-Roboter; Sie seien keineswegs als Ersatz für den manuellen Reinigungsprozess – die traditionellen Putzkolonnen – gedacht.
Medizinrobotik auch 2020 ertragsstärktes Segment bei Scervice-Robotern
Wie die IFR weiter informiert, sei die Medizinrobotik auch 2020 das ertragsstärkste Segment bei den professionellen Service-Robotern geblieben – mit einem Marktanteil von 55 Prozent. „Dazu tragen vor allem Robotersysteme bei, die in der Chirurgie eingesetzt werden und die höchsten Einzelpreise erzielen“, heißt es IFR-seitig. Der Medizinrobotik-Umsatz sei um elf Prozent auf 3,6 Milliarden US-Dollar gestiegen. Eine enorm wachsende Zahl von Robotern für die Rehabilitation und nicht-invasive Therapie sorge in diesem Segment für die größten Stückzahlen. Etwa 75 Prozent der Anbieter von Medizinrobotern stammten aus Nordamerika und Europa.
Corona habe 2020 auch für eine besondere Nachfrage nach sozialen Robotern geführt, so die IFR weiter. Lösungen, wie zum Beispiel die japanische Robo-Robbe PARO, ein Assistenz-Roboter für die Pflege, helfen beispielsweise den Bewohnern von Pflegeheimen, in Zeiten von Social-Distancing mit Freunden und der Familie in Kontakt zu bleiben. Kommunikationsroboter sorgten zum Beispiel auch in Kliniken für Informationsangebote im öffentlichen Raum, um den persönlichen Kontakt mit Menschen zu vermeiden.