Gesundheitseinrichtungen
Sexuelle Belästigung und Gewalt durch Betreute sind nicht selten
Das Gesundheitspersonal ist häufig von sexueller Belästigung und Gewalt betroffen. Eine Umfrage offenbart nun, wie häufig Pflegekräfte das erleben. Chefs sollten nicht wegschauen, die Folgen für Betroffene sind erheblich.
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Stopp mit sexueller Belästigung und Gewalt! Die Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege empfiehlt Betroffenen, die Vorfälle zu dokumentieren.
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Hamburg. Sexuelle Belästigung und Gewalt durch Patientinnen und Patienten sind keine Seltenheit. Zu diesem Ergebnis kommt eine aktuell veröffentlichte Umfrage der Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege (BGW), für die 901 Beschäftigte aus 60 Einrichtungen befragt wurden. Sie arbeiteten unter anderem in Kliniken, Pflegeeinrichtungen oder Werkstätten für Menschen mit Behinderungen.
Bei der Befragung wurde den Angaben zufolge in nonverbale, verbale und körperliche sexuelle Belästigung und Gewalt unterschieden: Rund 63 Prozent der Befragten gaben demnach an, in den vergangenen zwölf Monaten mindestens einmal nonverbale sexuelle Belästigung und Gewalt erlebt zu haben. Das umfasst beispielsweise sexuelle Gesten oder Entblößungen.
67 Prozent der Befragten gaben an, verbale sexuelle Belästigung und Gewalt durch von ihnen gepflegte oder betreute Personen erlebt zu haben. In den Umfrageergebnissen werden sexuelle Komplimente, Date-Anfragen oder anzügliche Bemerkungen aufgezählt. 49 Prozent sprachen außerdem von körperlicher Belästigung oder Gewalt. Das umfasste unter anderem Umarmungen, Berührungen oder Küsse.
Die Erfahrungen der Beschäftigten unterschieden sich je nach Branche erheblich. Angestellte in Kliniken hatten besonders häufig verbale Belästigung erlebt. In ambulanten und stationären Pflegediensten kam körperliche Belästigung häufiger vor als in anderen Branchen. Zwischen diesen beiden Formen der Pflege gibt es einige Unterschiede in der Häufigkeit (siehe nachfolgende Grafik).
Auswirkungen auf Beschäftigte
Unabhängig der Branchen zeigte die Umfrage bedeutsame Zusammenhange zwischen dem Auftreten von sexueller Belästigung und Gewalt und dem psychischen Befinden der Befragten auf. Demnach geben Beschäftigte, die eigenen Angaben zufolge häufig sexuelle Gewalt oder Belästigung erlebt haben an, unter psychosomatischen Beschwerden, emotionaler Erschöpfung oder Depressivität zu leiden.
Die BGW weist in ihrer Mitteilung deshalb Arbeitgeber darauf hin, Übergriffen auf Beschäftigte bestmöglich vorzubeugen und sie darauf vorzubereiten, was nach einem Vorfall zu tun ist. Dazu zählt neben der unmittelbaren Hilfe auch die Dokumentation des Vorfalls. Sie dient einerseits der rechtlichen Absicherung, andererseits bildet sie eine Grundlage für die hausinterne Gefährdungsbeurteilung. Die BGW weist außerdem auf entsprechenden Seminaren für Führungskräfte hin, die für das Thema sexuelle Gewalt und Belästigung am Arbeitsplatz sensibilisieren. (mu)