Silikon-Skandal: Ruf nach Register und Studien

Im Skandal um minderwertige Brust-Implantate werden in Deutschland nun erste Klagen vorbereitet. Ein Urteil aus Frankreich könnte dazu führen, dass die Versicherung des Herstellers nun doch für die PIP-Implantate haften muss.

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Qualitätssicherung von Brustimplantaten: Der Ruf nach Zulassungsstudien wird lauter.

Qualitätssicherung von Brustimplantaten: Der Ruf nach Zulassungsstudien wird lauter.

© Boris Roessler / dpa

PARIS/NEU-ISENBURG (maw/dpa). Im Skandal um französische Billig-Brustimplantate gibt es ein erstes Urteil: Ein Gericht in Avignon verurteilte nach Informationen der Nachrichtenagentur AFP den Versicherer des insolventen Herstellers PIP zu 4000 Euro Schadenersatz.

Der Richter gab damit der Klage einer 31-jährigen Betroffenen statt, der ein PIP-Silikonkissen eingepflanzt worden war.

Eine Sprecherin der Allianz-Versicherung in Paris konnte die Angaben zum Urteil am Freitag auf Nachfrage zunächst weder bestätigen noch dementieren.

Nach Ansicht des von AFP zitierten Klägerinnen-Anwalts ist das Urteil gegen den Versicherer der Firma PIP vom 11. Januar richtungsweisend.

Der Richter habe sich auch nicht vom Einwand der Versicherung beeindrucken lassen, dass sie bereits wegen vorsätzlicher Täuschung durch die Verantwortlichen bei PIP auf Nichtigkeit des Versicherungsvertrags klage. Er war nach den Angaben im Juli 2010 abgeschlossen worden.

Erste Klagen in Deutschland

Nach den gleichen Angaben ging in Toulon die erste Strafanzeige gegen den Firmengründer sowie Teile von dessen Familie ein. Neben der vorsätzlichen Lebensgefährdung geht es dabei nach Angaben der Agentur auch um den Verdacht der illegalen Bereicherung.

Die Anwältin Christine Ravaz wird mit den Worten zitiert: "Wir wollen erfahren, wo das Vermögen des Unternehmens PIP geblieben ist."

Berichten zufolge werden an diesem Montag auch in Deutschland die ersten Klagen von Frauen eingereicht, denen die Silikonkissen mit Bausilikon implantiert wurden.

Der Münchener Medizinrechtsanwalt Michael Graf von der Kanzlei Patientenanwalt AG vertritt nach eigenen Angaben rund 20 betroffene Frauen. Angeklagt würden unter anderem ein Arzt und eine Klinik. Die Schadenersatzforderung wird mit 80.000 bis 100.000 Euro je Fall beziffert.

Derweil hat Dr. Joke Tio, seit 2006 Leiterin des Brustzentrums des Universitätsklinikums Münster (UKM), für Deutschland die Einführung eines nationalen Registers für Brust-Implantate gefordert.

"Auf nationaler Ebene könnte ein solches Register für die nötige Transparenz sorgen. Denn damit wäre schnell feststellbar, welche Patientin in welcher Klinik mit welchem Implantat wann genau versorgt wurde", führt Tio aus.

Das UKM hatte Ende vergangener Woche Anzeige gegen Unbekannt gestellt, da es zwischen 2002 und 2005 - als Markenprodukte deklariert - mit minderwertigen Produkten von PIP und Rofil versorgt worden war.

Unterdessen berichtet das Uniklinikum Münster, dass sich auch eine Patientin zur Explantation gemeldet habe, die in einer anderen Klinik die mangelhaften Implantate eingesetzt bekommen habe.

Ärzte setzen auf Privatliquidation

Von Nachfragen betroffener Frauen berichtet Professor Felix-Rüdiger Giebler, ehemaliger Präsident der Amerikanischen Gesellschaft für Kosmetische Brustchirurgie, in seiner Privatklinik Vincemus in Friedrichstadt.

Nach eigenen Angaben hat er bis dato ausschließlich Brust-Implantate eingesetzt, die die Zulassung der US-amerikanischen FDA hatten.

Von dem Aufruf, den Frauen nun entgegenzukommen und die Silikon-Kissen auf Kassenkosten herauszunehmen, hält er nichts. "Im Vorfeld einer Explantation müssen Mammografie, Ultraschall und MRT erbracht werden, das ist ein großer Kostenblock", sagte er im Gespräch mit der "Ärzte Zeitung".

Daher bestehe er, um die aufwendige Kassenbürokratie zu vermeiden, auf Privatliquidation und rate betroffenen gesetzlich versicherten Frauen, sich für die Kostenerstattung mit ihrer Kasse in Verbindung zu setzen.

Um die Schönheitschirurgie vor schwarzen Schafen wie PIP und Rofil zu schützen, fordert Giebler klinische Studien als Zulassungsvoraussetzung für Brust-Implantate.

Er berichtet, dass das Interesse an Brustaugmentation weiterhin groß ist. Um bei Implantationen auf der sicheren Seite zu sein, führt er mit seinen Patientinnen ein ausführliches Aufklärungsgespräch.

Dabei geht er mit den Frauen einen 47 Punkte umfassenden, englischsprachigen Aufklärungsbogen der American Society of Cosmetic Breast Surgery durch, der auf die vielfältigsten Risiken der Brustimplantate hinweist - unter anderem auf die Gefahr einer Ruptur.

Punkt für Punkt müssen seine Patientinnen die Kenntnisnahme - und damit ihr Einverständnis - paraphieren. Der Aufklärungsbogen wandere zur Dokumentation in die Patientenakte.

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