Drohende Abschiebung

Sind Asylbewerber suizidgefährdet, müssen sie vom Amtsarzt untersucht werden

Das Verwaltungsgericht hat dem Antrag eines Pakistaners teilweise stattgegeben: Bevor er abgeschoben wird, muss ausreichend ärztlich geprüft werden, ob er suizidgefährdet ist.

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Fehlen fachärztliche Gutachten, können die Behörden suizidgesfährdete Asylbewerber nicht einfach abschieben. Die Reisefähigkeit muss ausreichend geprüft werden.

Fehlen fachärztliche Gutachten, können die Behörden suizidgesfährdete Asylbewerber nicht einfach abschieben. Die Reisefähigkeit muss ausreichend geprüft werden.

© Stauke / stock.adobe.com

Göttingen. Ausländerbehörden müssen vor einer Abschiebung eine amtsärztliche Untersuchung veranlassen und ergänzende fachärztliche Gutachten einholen, wenn ausreichende Indizien dafür vorliegen, dass der betroffene Ausländer suizidgefährdet ist. Das hat das Verwaltungsgericht Göttingen in einem einstweiligen Rechtsschutzverfahren entschieden.

Das Gericht gab damit dem Antrag eines pakistanischen Staatsbürgers gegen den Landkreis Northeim teilweise statt. Es verpflichtete die Behörde dazu, den Antragsteller vor seiner drohenden Abschiebung amtsärztlich auf seine Reisefähigkeit hin zu untersuchen. Bis das Gutachten vorliegt, müsse er weiter geduldet werden.

Erster Abschiebeversuch war gescheitert

Die Behörde hatte bereits einen ersten Abschiebeversuch unternommen. Dieser scheiterte jedoch, weil der Betreffende an dem vorgesehenen Termin nicht angetroffen werden konnte. Ende vergangenen Jahres stellt er beim Gericht erfolglos Antrag auf Duldung. Er habe nicht glaubhaft machen können, dass er tatsächlich reiseunfähig sei, hieß es damals.Fachärztliche hätten ihm zwar eine wiederkehrende depressive Störung bescheinigt und Suizidgedanken geschildert. Allerdings hätten keine Arztbriefe vorgelegen, die Angaben dazu machten, ob der Antragsteller auch dann nicht reisefähig sei, wenn präventive Vorkehrungen getroffen würden.

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Nach Ansicht des Gerichts liegen jedoch hinreichende Anhaltspunkte dafür vor, dass der Mann wegen einer psychischen Erkrankung nicht reisefähig sein könnte, da dieser seit Sommer 2017 in ambulanter und zeitweise auch in stationärer Behandlung gewesen sei. Angesichts der vorliegenden fachärztlichen Stellungnahmen seien die Suizidgedanken auch ausreichend glaubhaft gemacht. Die Ausländerbehörde sei daher zu einer weiteren Aufklärung des Sachverhalts verpflichtet. Sie müsse nun prüfen, ob die Gefahr bestehe, dass der Ausländer sich unmittelbar vor oder nach der Abschiebung töte.

Ist die Ärztin ausreichend qualifiziert?

Dieser Verpflichtung sei sie bislang nicht hinreichend nachgekommen, urteilte das Gericht. So sei der Antragsteller nie ausreichend amtsärztlich untersucht worden. Es sei auch nicht ersichtlich, dass die Ärztin über die fachliche Qualifikation für die Erstellung eines psychologisch-psychotherapeutischen oder psychiatrischen Gutachtens verfüge.

Es sei zwar möglich, dass sich ihre Einschätzung, dass der Antragsteller bedingt reisefähig sei, nach der amtsärztlichen Untersuchung und der Einholung einer fachärztlichen Stellungnahme bewahrheite. Dies ändere aber nichts an der Verpflichtung, eine entsprechende Begutachtung vornehmen zu lassen.

Verwaltungsgericht Göttingen, Az.: 1 B 274/21

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