So bekommen Anleger Verluste in den Griff
Hohe Renditen sorgen bei Anlegern regelmäßig für Freudensprünge. Bei der Endabrechnung folgt allerdings oft die Ernüchterung: Hohe Verluste aus der Vergangenheit sind nicht ausgeglichen. Helfen kann eine Verlustgrenze.
Veröffentlicht:NEU-ISENBURG. Dieter W. (Name geändert) war erleichtert: Nach einem Verlust von 40 Prozent im Zuge der Finanzkrise hatten seine Fonds fast 50 Prozent aufgesattelt, wie ihm sein Anlageberater mitteilte. Doch W.'s Freude über den vermeintlich satten Zuwachs endete jäh, als er den Depotauszug in Händen hielt.
Der Grund: Von seinen 100.000 Euro war mit 90.000 Euro weniger übrig, als er erwartet hatte.
Für den unabhängigen Vermögensverwalter Lothar Koch illustriert dieses Beispiel hervorragend, wie wichtig es für Privatanleger ist, ihre Verluste möglichst klein zu halten.
"Selbst hohe Renditen in manchen Jahren sind keine Garantie, dass ein Investor am Ende der Anlagezeit Gewinne verbucht", sagt der Geschäftsführer der Spektrum Finanzberatung aus Langballig in Schleswig-Holstein.
Der Anlagewert sinkt schnell um 60 Prozent und mehr
Was Anleger in den 90er-Jahren freute, weil es den Depotwert schnell nach oben trieb, wirkt auch in die Gegenrichtung: "Wer 20 Prozent seines Geldes verliert, muss 25 Prozent verdienen, um auf die Einstandssumme zu kommen", rechnet Rolf Kazmaier von der SVA Vermögensverwaltung Stuttgart vor.
Doch das ist noch nichts im Vergleich zu höheren Verlusten: Bei einem Minus von 40 Prozent hat man noch 60 Prozent des ursprünglichen Anlagewerts auf dem Konto und muss 67 Prozent zulegen, nur um den Kopf wieder über Wasser zu bekommen.
"Ist das Konto gar halbiert, ist ein Zugewinn von 100 Prozent - also eine Verdopplung nötig -, um das zu erreichen", so Kazmaier.
Wenige Anlieger wissen um die Verlustbegrenzung
Trotz ihrer Bedeutung wissen nur wenige Privatanleger um die Verlustbegrenzung. Während die meisten nach den "richtigen" Aktien oder Fonds suchen, kümmern sich die Profis zudem darum, das Verlustrisiko in den Griff zu bekommen - ein Vorgehen, dass er allen Investoren empfiehlt: "Jeder Anleger sollte für sich klären, welchen Verlust er maximal zu tragen bereit ist und sich an diese Entscheidung halten", sagt Koch.
Als konservative Faustregel gilt nach seinen Worten: "Was ich an jährlicher Rendite anstrebe, das sollte ich bereit sein, im schlimmsten Fall zu verlieren". Wer einen Zuwachs seines Kapitals um zehn Prozent im Jahr erwartet, muss also damit leben können, dass sein Depot zehn Prozent unter Wasser ist.
Seine Erfahrung: Ein Minus von mehr als 15 Prozent können nur die wenigsten Anleger ertragen.
Streuung und Stopp-Loss sind unerlässlich
Doch wie lassen sich die Verlustrisiken begrenzen? Prinzipiell stehen zwei Wege offen, die Vermögensverwalter oft kombinieren. Der erste ist die Streuung des Vermögens über mehrere Anlageklassen, die sich unterschiedlich entwickeln. So kann, passend zum Risikoprofil des Anlegers, ein Portfolio entwickelt werden, das etwa aus Aktien, Anleihen, Immobilien und Rohstoffen besteht.
"Damit kommt Stabilität ins Depot, denn jede Anlageklasse entwickelt sich in einem bestimmten wirtschaftlichen Umfeld anders als die übrigen", erklärt Kazmaier.
In einem weiteren Schritt werden für jede Anlageklasse jene Produkte ausgesucht, bei denen aufgrund der Entwicklung in der Vergangenheit ein gutes Verhältnis zwischen Rendite und Risiko zu erwarten ist.
Stopp-Loss-Kurs
Der zweite Weg zur Verlustbegrenzung besteht darin, entsprechend dem Risikoprofil des Anlegers für jedes Wertpapier im Depot einen Kurs festzulegen, zu dem es verkauft wird, den sogenannten Stopp-Loss-Kurs. So ist sichergestellt, dass der maximal definierte Verlust nicht überschritten wird.
Laufen mit der Zeit bei den Wertpapieren Buchgewinne auf, können die Verkaufsaufträge auf ein höheres Niveau nachgezogen werden. "Damit sichert der Anleger einen Teil der aufgelaufenen Gewinne, sodass er selbst bei ungünstiger Marktentwicklung mit einem Plus abschneidet", so Koch.