Steuer
So kann die Erstausbildung abgesetzt werden
Sind die Kosten einer Erstausbildung steuerlich als Werbungskosten oder nur als Sonderausgaben zu veranschlagen? Das soll jetzt das Bundesverfassungsgericht entscheiden. Einen Kniff für die Steuer gibt es aber jetzt schon.
Veröffentlicht:MÜNCHEN. Das Bundesverfassungsgericht muss prüfen, ob Studenten und Auszubildende die Aufwendungen einer Erstausbildung als Werbungskosten absetzen dürfen. So lautet ein aktuell veröffentlichter Vorlagebeschluss des Bundesfinanzhofs (BFH).
Demnach sollten, um ihre Ansprüche zu wahren, junge Ärzte, die ihre Erstausbildung 2010 oder später abgeschlossen haben, noch nachträglich Ausgabenbelege einreichen. Kinder, die sich aktuell in einer Ausbildung ohne Einkommen befinden, sollten ihre Ausgabenbelege sammeln.
Der VI. Senat des Bundesfinanzhofs (BFH) hält den gesetzlichen Ausschluss des Werbungskostenabzugs für die Erstausbildung für verfassungswidrig. Eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts wird in ein bis zwei Jahren erwartet.
Aber: "von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts kann nur profitieren, wer einen offenen Steuerfall hat", erklärt die Hauptgeschäftsführerin der Bundessteuerberaterkammer, Nora Schmidt-Kesseler. Steuererklärungen oder Änderungsanträge können aber noch bis zu vier Jahre rückwirkend eingereicht werden, bis Ende 2014 also noch für 2010.
Eigentlich können Kosten für die berufliche Aus- und Weiterbildung steuermindernd geltend gemacht werden. Arbeitnehmer können diese als Werbungskosten absetzen, Unternehmer und Selbstständige als Betriebsausgaben.
Erstausbildung als Sonderausgabe
Nach langjährigem Hin und Her hatte der Gesetzgeber jedoch die erstmalige Berufsausbildung respektive ein Erststudium vom Werbungskostenabzug ausgenommen. Demnach gelten die Kosten der Erstausbildung nur noch als Sonderausgaben.
Diese jedoch wirken sich nur dann steuermindernd aus, wenn in dem Jahr, in dem sie anfielen, auch Einkünfte zu versteuern waren. Werbungskosten dagegen können Steuerpflichtige auch nach dem Berufseinstieg noch steuermindernd geltend machen.
Laut BFH sind die Ausbildungskosten eine notwendige Voraussetzung für eine nachfolgende Berufstätigkeit. Sie seien "beruflich veranlasst", ein Verlustvortrag via Werbungskostenabzug müsse daher möglich sein. Andernfalls werde gegen das verfassungsrechtliche Gebot der Besteuerung nach der finanziellen Leistungsfähigkeit verstoßen.
Um profitieren zu können, falls sich das Verfassungsgericht dem anschließen sollte, müssen Studierende und Azubis schon jetzt alle Belege sammeln - etwa für Studiengebühren, Fahrtkosten, PC und Fachbücher oder auch für Kosten eines Auslandssemesters.
Junge Ärzte kurz nach ihrer Ausbildung dagegen müssen die vierjährige Abgabefrist für eine "freiwillige Steuererklärung" beachten, um mögliche Ansprüche zu wahren. (mwo)
Bundesfinanzhof, Az.: VI R 2/12, VI R 8/12 und weitere