Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen

Sozialgerichte suchen den Kontakt zu Ärztinnen und Ärzten

Mit Symposien wollen die Sozialgerichte in NRW den Austausch mit medizinischen Sachverständigen verbessern und Nachwuchs gewinnen. Die Folgen von COVID-19 beschäftigen die Gerichte vermehrt.

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Essen. Die Sozialgerichte in Nordrhein-Westfalen wollen den Kontakt mit medizinischen Gutachterinnen und Gutachern verstärken. An den Gerichten soll es künftig regelmäßig Sachverständigen-Symposien geben, kündigte der Präsident des Landessozialgerichts (LSG), Dr. Jens Blüggel, in einem hybriden Pressegespräch an.

„Wir brauchen gute Gutachten für gute Verfahren“, betonte Blüggel. „Wir wissen, dass wir uns in diesem Bereich verstärkt engagieren müssen.“ Die Sozialgerichtsbarkeit gebe im Jahr 55 Millionen Euro für die medizinischen Gutachten aus.

Geplant ist, dass in jedem Jahr jeweils vier der acht Sozialgerichte gemeinsam ein Symposium ausrichten, berichtete Vizepräsidentin Dr. Dörte Bergmann. „Wir wollen einen engen Austausch gewährleisten und den einen oder anderen neuen Sachverständigen gewinnen“, sagte sie.

Die Begutachtung dauert tendenziell länger

Eine höhere Zahl von Sachverständigen könnte dazu beitragen, die durchschnittliche Dauer der Begutachtung zu reduzieren. Zwar erfassen die Gerichte nicht, wie lange die Erstellung der Gutachten dauert. „Aber wir merken tendenziell, dass es länger wird“, sagte Blüggel.

Im Jahr 2024 hatte sich die durchschnittliche Laufzeit der Verfahren vor den Sozialgerichten von 16,4 Monaten auf 16,0 Monate reduziert. Im einstweiligen Rechtsschutz ging sie um 0,2 Monate auf 1,5 Monate zurück.

Die COVID-19-Pandemie und ihre Folgen beschäftigen die Sozialgerichte vermehrt, vor allem in der Unfall-, aber auch der Renten- und der Pflegeversicherung. In der Unfallversicherung geht es um die Frage, ob die Infektion oder Impfschäden als Berufskrankheit anerkannt werden, insbesondere bei Tätigkeiten in der Pflege, erläuterte der LSG-Präsident. Auch muss geklärt werden, ob Long- und Post-COVID als Folge der Infektion anerkannt werden und den Anspruch auf eine Erwerbsminderungsrente begründen.

Nur wenige Verfahren im Vertragsarztrecht

Mit der Pandemie sind nach seinen Angaben viele sozialrechtliche Einzelfragen verbunden, etwa, ob der Weg zum Corona-Testzentrum unfallversichert ist. Im Vertragsarztrecht können die Zulassung von Corona-Ambulanzen oder Abrechnungsstreitigkeiten zwischen Ärzten und Kassenärztlichen Vereinigungen die Sozialgerichte beschäftigen.

Vertragsarzt- und Vertragszahnarztangelegenheiten spielen insgesamt für die Sozialrichterinnen und -richter nur eine untergeordnete Rolle. Bei den Sozialgerichten gingen im vergangenen Jahr 343 Verfahren in diesem Sachgebiet ein, nach 361 im Jahr 2023. Beim LSG gab es 33 Berufungsverfahren, im Jahr zuvor waren es 30 gewesen.

Über alle Sachgebiete gingen 2024 insgesamt 65.559 Verfahren bei den Sozialgerichten ein, das waren 0,8 Prozent weniger als 2023. Die stärksten Anstiege gab es im Schwerbehindertenrecht mit plus 15,2 Prozent auf 11.414 und in der Pflegeversicherung mit plus 11,8 Prozent auf 4.595.

Kommt es zu Leistungskürzungen?

Den stärksten Rückgang verzeichnete die Krankenversicherung mit 11.401 Eingängen bei den Sozialgerichten nach 14.195. Hier macht sich bemerkbar, dass der Berg an Abrechnungsstreitigkeiten zwischen Kliniken und Krankenkassen inzwischen abgearbeitet ist. Jetzt warten die Gerichte ab, welche Auswirkungen die Krankenhausreform mit der Abkehr von den Fallpauschalen haben wird, sagte Blüggel.

Mit Spannung blickt der LSG-Präsident auch auf die Auswirkungen der Gesetzgebung in der neuen Legislaturperiode, etwa in der Krankenversicherung. „Die Frage ist, ob es zu Leistungskürzungen kommt.“

Aufgabe der Sozialgerichtsbarkeit werde es auch in Zukunft sein, den Sozialstaat zu sichern, betonte Blüggel – „egal wie er durch den Gesetzgeber ausgestaltet wird“. (iss)

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